Deutsch English
Sprache: 
 

Ready Made - Plattenspieler aus IKEA-Küchen-Accessoires


Museales Stück. Der "Ikea-Plattenspieler" wurde bis zum 18. Mai 2020 in der Sonderausstellung "Geschraubt.Gelötet.Geleimt" im Rundfunkmuseum Fürth ausgestellt. 

Ikea-Plattenspieler Mk.I: Motoreinheit mit Ikea-Blumentopf (aus Edelstahlblech, und ich habe mir sagen lassen, es ist kein Blumentopf, sondern ein Abtropfbehälter fürs Spülbecken) verkleidet. Unter der LP liegt die Kork-Tellermatte (ehedem Ikea-Tischunterlage). Antriebspulley aus Teakholz für 33 und 45/min, Antrieb über Gummi-Rundriemen, Durchmesser 2 Millimeter. Eigenbau Armlift aus Teakholz mit Exzenterwelle und Fender Telecaster-Potiknopf. Das Resultat macht Lust auf viele Stunden Plattenhören


Ikea Plattenspieler Mk.II: Endgültig fertig ist ein Plattenspieler nie. Für die Mk. II-Ausführung wurde die Basis um eine zweite Grundplatte ergänzt. Als dämpfende Zwischenlage fungiert grobmaschiger Luftfilter-Schaumstoff. Zudem wurde das ehedem starr verschraubte Tonarmgewicht durch ein per Gummiring entkoppeltes Muster getauscht. Hierzu wurde das Gewicht eines alten Tonarms einfach auf den Gummiring gefädelt. Der ganze Spieler ruht auf drei Korkpads. Resultat ist eine noch geschlossenere Wiedergabe mit einem deutlichen Mehr an Punch im Bassbreich

 

 

 

 


Und so sehen Hackklotz und Schneidbrett aus, wenn sie zum Plattendreher mutiert sind. Inklusive Ikea-Tonarm. Der war ursprünglich eine Wok-Greifzange. Nachfolgend die Entstehungsgeschichte

Gelegenheit macht Töne - oder: Wie alles begann: Schneidbrett und Hackklotz vom bekannten schwedischen Einrichtungshaus. Feinstes Bambusholz, ansehnlich verarbeitet - und im Preis reduziert. Für 35 Euro das Set. Jetzt muss nur noch der Bambusteller zum Rotieren gebracht werden. WICHTIG: Wer sich bei diesem Projekt einklinken will, sollte sich beeilen. Erfahrungsgemäß sind die guten Ikea-Teile immer nur für kurze Zeit verfügbar. Sie werden meist durch billiger - und weniger schön - fabrizierte Produkte abgelöst.
KLEINER NACHTRAG: Die Produkte gehören tatsächlich zu einer limitierten Design-Sonderserie des Hauses Ikea. Die Ikea-Designer wollten damit asiatische und europäische Elemente verschmelzen. Der Hackklotz "Trendig" ist inzwischen nicht mehr im Ikea-Programm. Das Schneidbrett ist noch erhältlich (Stand November 2014). Der Teller kann alternativ aus zwei bis drei übereinander geleimten MDF-Rundplatten hergestellt werden. Gegen dieses Baumarkt-Allerweltsmaterial spricht überhaupt nichts. Auch namhafte High End-Hersteller greifen für ihre zigtausend Euro teuren Spieler auf MDF zurück. Vorteile des MDF-Werkstoffs (Mitteldichte Faserplatte) sind die Masse, die Dämpfungseigenschaften - und der günstige Preis

 

 

DREHST DU SCHON? Oder wie aus einem IKEA-Besuch ein Plattenspieler wurde

 

Exkursionen ins bekannte schwedische Einrichtungshaus beginnen meistens harmlos ("die haben immer so schöne Servietten...") und enden an der Kasse mit nicht eingeplanten Überraschungs-Beträgen. Von diesem Effekt und entsprechen groß gebauten Einkaufswagen leben alle so genannten Discounter mehr recht als schlecht. Discounter deshalb, weil man sich immer selbst verrechnet. Deshalb gehören die Eigentümer solcher Märkte auch zu den reichsten Privatpersonen auf diesem Planeten.

 

Für Plattenspieler-Fans aber gilt IKEA nicht erst seit dem Leichtbau-Tischchen "LACK" als Geheimtipp. IKEA-Auslagen werden von Ready Made-Fans schon immer mit kundigem Auge unter dem Aspekt "Was kann man daraus machen?" sondiert.

Beim Betrachten des Schneidbretts "Aptitlig" in Größe 45x36 Zentimeter und des zugehörigen Hackklotzes "Trendig" braucht es allerdings wenig analoge Vorstellungskraft, um beide Komponenten zu einer highfidelen Plattendrehmaschine verheiratet zu sehen. Zumal beide Teile bereits serienmäßig mit schönem Finish zu überzeugen wissen - und der runde Klotz exakt den Durchmesser einer LP aufweist. Bingo. Den umfassenden Edelstahlring kann man einfach nach Entfernen der Klemmschraube abnehmen. Die Führungsnut wurde präzise eingearbeitet. Sie kann später als Laufbahn für den Antriebsriemen dienen.

 

Aufgebaut sind die Haushaltsutensilien aus kleinteiligen Bambushölzern. Der HiFi-Marketingfachmann würde mit Kennergesicht von einer resonanzmindernden Matrix aus geschichtetem Hartholz in Verbindung mit einem High Tech-Compound sprechen. Und gleich stehen zwei Nullen mehr am Preisschild. Bei IKEA hat das preisreduzierte Set runde 35 Euro gekostet (Brett 15 Euro, Klotz 20 Euro). Da kann man schon über ein wenig Eigeninitiative nachdenken.

 

Zunächst gilt es nun, ein exakt zentrisches Loch für die Lageraufnahme in den runden Hackklotz zu bekommen. Schön, wenn man eine entsprechend stattlich gebaute Drehbank hat. Dann geht so etwas einfach. Wir wollen aber die schwierige Lösung, für Leute ohne Drehbank. Mal sehen, was sich machen lässt. Ich hab' da schon eine Idee.


Die Ersatz-Drehbank. Damit sollte es möglich sein, ein exakt zentrisches Loch in die Hackklotz-Scheibe zu bekommen. Der Aufbau besteht aus einer umgedrehten Oberfräse und zwei V-förmig angeordneten Anschlägen. Dagegen wird die Scheibe geführt und zugleich gedreht. Erste Versuche sehen vielversprechend aus

Das schaut doch schon recht brauchbar aus. Wichtiger Warnhinweis: Das Arbeiten am offen laufenden Fräser ist gefährlich. Schutzbrille tragen - und immer schön auf die Finger aufpassen

Um das Thema "Plattentellerlager" wird in der einschlägigen Szene gemeinhin ein ziemliches Tamtam veranstaltet. Beheizte Lager, Toleranzen im atomaren Bereich und Schmiermittel, die mindestens aus der Raumfahrt stammen müssen. Schaut man sich in Ruhe alle in renommierten Drehern verbauten Lagertypen an, kann die Devise einmal mehr nur heißen: Nicht verrückt machen lassen. Vieles ist möglich: Dünne Achse (Roksan), dicke Achse (Brinkmann), punktuell tragendes Lager (Well Tempered), umgossenes High Tech-Lager (Acoustic Solid).

Für einen Augenblick hatte ich deshalb das gleitgelagerte Schneidwerk eines Mixers in der Hand. Aber da wäre der Ready Made-Gedanke doch ein bischen weit abgedriftet. Und die Lösung wäre zudem für Mitbastler kaum nachvollziehbar gewesen. Entschieden habe ich mich deshalb für die klassische Variante. Die Kombination aus Sinterbuchsen und hartem Stahldorn findet sich in so gut wie allen besseren Plattenspielern der goldenen Ära. Die Laufspiele zwischen Buchse und Dorn/Achse liegen in der Regel bei 0,02 Millimeter. Also alles kein Hexenwerk.

 

Als Lagerdorn bietet sich ein gehärteter und geschliffener Passstift aus dem Werkzeugbau an. Diese Präzisionsteile sind zigtausenfach produzierte Normware und entsprechend billig zu bekommen. Ein Stift der Größe 10 mm x 80 mm kostet etwa einen Euro. Das Bambusholz ist so hart, dass man den Stift direkt ins Holz setzen kann. Nur die zugehörige Bohrung muss dann selbstverständlich absolut im Winkel stehen. Weil wir alle keine supergenaue Fräs- oder Ständerbohr-Maschine zuhause stehen haben, kann sich der Hobbyist mit einem Trick behelfen: Man nehme eine möglichst dicke und plane Holzplatte als "Bohrlehre". In diese Holzplatte (dickes Multiplex-Holz ist ideal, ein kleines Abfallstück vom Schreiner genügt) setzt man mit seiner Handbohrmaschine und einem (neuen) 10er Holzboher möglichst viele und möglichst genau winkelige Bohrungen. Mit eingestecktem Bohrer und Anschlagwinkel sucht man nun das Loch heraus, bei dem die Bohrachse in Süd-Nord und Ost-West absolut im Winkel gelungen ist. Das wird später unsere Führungsbohrung für die ins Grundbrett einzubringende Lagerbohrung.

 

Die zugehörigen Bronze-Sinterbuchsen der Größe 14x10x10 Millimeter kosten rund drei Euro. Beide Komponenten (Stifte und Buchsen) sind problemlos übers Internet auch in Kleinstmengen zu beziehen. Als Lagerträger käme schließlich noch ein stranggepresstes Leichtmetallrohr der Größe 18x2 mm in Betracht. Das hat ziemlich präzise 14 Millimeter Innendurchmesser. Darin können die Gleitlagerbuchsen eingepresst werden. Unser Plattenteller müsste demnach passend zum Rohr-Außendurchmesser eine 18er Bohrung bekommen. Dann hätte man schon fast das komplette Tellerlager. Fehlen noch der Lagerspiegel  und der Plattendorn mit den exakt geforderten 7,2 Millimeter Duchmesser.


Auf schicken Füßen soll auch ein Ikea-Plattenspieler stehen. Hartplastik-Kugelköpfe aus dem Werkzeugbau sind dafür ideal. Im Hornbach-Baumarkt gibt es ein wunderbares Kleinteile-Regal, das solche Schätze hergibt. Stückpreis 1,50 Euro. Die zugehörige Konter-Rändelmutter gab's dort auch für um einen Euro das Stück, ebenso den M 6-Gewindestift. Auf drei Beinen steht alles statisch optimal austariert (vier Beine kippeln). Das zugehörige M6-Gewinde wurde einfach ins Holz eingeschnitten. Geht prima

Ikea Plattenspieler nimmt Gestalt an. Übers Wochenende habe ich einfach mal die vorhandenen Teile zusammengestellt. Zur besseren Anschauung muss ein alter Linn-Tonarm herhalten. Später soll natürlich auch ein Ikea-Tonarm gemäß Ready made-Philosophie zum Einsatz kommen. Die Vertiefung fürs Plattenlabel habe ich analog zum Mittenloch mit der Oberfräse herausgeknabbert. Ein bisschen kitzelig, aber es geht

The IKEA Record Player. Für die Premiere im Tageslicht künstlerisch wertvoll mit aufgelegter Platte inszeniert. Für einen schlichten Hackklotz und ein simples Schneidbrett macht das Ensemble durchaus einen  "wertigen" Eindruck

Hier ist sehr schön die Holzstruktur und der elegant trapezförmige Schnitt des Basisbretts zu erkennen. Auf dieser Seite wird später der Antriebsmotor stehen. Antrieb über String oder Tonbandmaterial. Aber erst muss noch ein passender Antriebsmotor gefunden werden

Das soll einmal der IKEA-Tonarm werden. Vor einiger Zeit habe ich diese Gurken-, Wok- oder Grillzange aus Bambusholz beim "Schweden" mitgenommen. Schon damals schwirrte mit die Idee durch den Kopf, daraus einen Plattenspieler-Tonarm zu bauen. Für ein Eigenbau-Projekt bietet sich die simple Einpunkt-Lagerung an. Als zentrale Aufnahmebasis für das Einpunktlager wird der Aluring dienen (Reststück aus einer Dreherei). Den Gegenpart bildet die Anreißnadel aus gehärtetem Stahl. Sie wird dann im Sockel höheneinstellbar fixiert. In den Aluring wird eine M6-Messingschraube eingesetzt. Sie bildet die Lagerpfanne für die Stahlnadel. Messing und Stahl sind ideale "Reibpartner". Schon jetzt zeigt sich, dass dieser Part einiges an feinmechanischem Aufwand mit sich bringen wird. Wer mitbasteln will, wird um den Kauf von Gewindebohrern der Größen M2,5, M3 und M6 nicht herumkommen. Aber verglichen mit üblichen High End-Kursen kosten solche Kleinigkeiten nur ein müdes Nasenwasser.

Der Ikea-Tonarm nimmt Gestalt an. Der grundsätzliche Aufbau ist bereits in aller Pracht zu erkennen. Als Ausgleichsgewichte dienen drei M8-Rändelmuttern aus dem Hornbach-Baumarkt. Wie man sieht, kommt das bei einem 10 Gramm schweren System gut hin. Die Länge des Tonarms wurde auf 10 Zoll festgelegt. Der Kröpfungswinkel beträgt 21,5 Grad. Um das unvermeidliche, seitliche Pendeln des Einpunktlagers abzufangen, werden am unteren Langlochdurchbruch zwei federbelastete Nylonfäden analog zum Durchmesser des Spitzendorns angebracht

Die Headshell zeigt eine kleine Besonderheit: Bei so gut wie allen Tonarmen ist die Einstellung der lotrechten Nadelausrichtung (Azimuth) eine ziemliche Frickelei. Für den Ikea-Arm habe ich mir eine einfache Lösung des Problems ausgedacht. Die runde Systemaufnahme aus Elsbeerenholz trägt mittig eine kleine Nut. Im Tonarm selbst findet sich eine weitere Längsnut. In der Nut liegt ein simpler Zahnstocher. Der Holzrundling wird mit zwei feinen M 3-Rändelschräubchen gegen den Tonarm gespannt. Durch unterschiedliches Austarieren der Schräubchen lässt sich die Systemaufnahme (in geringem Maße) um den Zahnstocher kippen. Damit ist eine feinfühlige Einstellung des Azimuth möglich. Zugleich lässt sich die Elsbeeren-Aufnahme wie ein Schlitten vor und zurück schieben. Auf diese einfache Weise ist der Überhang (und die effektive Tonarmlänge) fein einjustierbar.

Inzwischen sind die für das Plattentellerlager bestellten Teile eingetroffen. Die Passstifte gab es im 10er Pack inklusive Versandkosten für runde 8 Euro. Die Stirnseiten sind bereits ballig gearbeitet. Die Lagerseite wird mit feinem Schmirgelpapier abgezogen und schließlich wie die bereits feingeschliffene Umfangsfläche noch poliert. Das Alurohr dient als Aufnahme der Sinterbuchsen. Fehlt noch der Lagerspiegel. Hierzu könnte etwa der Kopf eines Polsternagels aus Messing dienen. Die gibt's mit 14er Köpfen. Auf alle Fälle muss in das Rohr eine Nut für einen Sicherungsring eingestochen werden. Eine (kleine) Drehbank wäre jetzt kein Fehler. Alternativ könnte ein Ring mit 2K-Klebstoff eingesetzt werden. Nach dem Vermessen der Teile zeigt sich aber, dass es so einfach doch nicht geht. Der Stift passt zwar optimal, weil saugend in die Buchsen, aber der Außendurchmesser derselben ist einige Hunderstel Millimeter im Plus. Das zugehörige Alurohr jedoch zwei hunderstel Millimeter im Minus. Das heißt, der Pressitzt der Lagerbuchse wird zu heftig. Von einem leicht laufenden Lager kann dann keine Rede mehr sein. Eine kleine Drehbank wäre jetzt die Lösung. Oder man forscht nach Lagerbuchsen mit exakt 14,00 Millimeter Außendurchmesser. Oder man versucht trotzdem, mit Heimwerkerutensilien zum Ziel zu kommen

Plattentellerlager selbst gemacht. Mit diesen Werkzeugen kann ein Versuch gewagt werden: Schlichtfeile, Handbohrmaschine, Metallsäge, Schmirgelpapier und ein Digital-Messschieber. Dazu an Materialien: Sicherungsring, Leichtmetallrohr, Passstift, zwei Sinterbuchsen, Rundholz und Messingschraube

Die Handbohrmaschine wird in den Schraubstock gespannt und zur Ersatz-Drehmaschine und Drechselbank umfunktioniert. Auf das passend bearbeitete Holzstück wird das Alurohr satt sitzend aufgeschoben. Bei langsamer Drehzahl arbeitet das Sägeblatt eine kleine Nut in das Rohr. Später wird hier der Sicherungsring eingeklipst. Er hält den Plattenteller

Der Außendurchmesser der Lagerbuchse ist in diesem Fall sechs Hunderstel Millimeter im Plus. Die Bohrung im Alurohr hat leichtes Untermaß. Das Pressmaß für die Buchse sollte bei einem bis zwei Hunderstel liegen. Ansonsten läuft das Lager nicht mehr leichtgängig. Lösung: Entweder die Buchse außen mit Schmirgel kleiner machen, oder das Rohr innen mit Schmirgel größer arbeiten

Weil Schmirgelpapier an einer gesinterten Lagerbuchse nichts verloren hat, wird der Rohrinnendurchmesser vergrößert. Dazu wird 240er Schmirgelpapier auf einen längs eingesägten Holzstab gewickelt. Mit einem passenden 14er Rundholz und Schleifpaste könnte man sich auch so etwas wie ein Läppwerkzeug basteln. Eine Aufgabe für Fortgeschrittene Lagerbauer

Die Bohrmaschine wird zur Drechselmaschine. Auf passender Höhe ist eine Abstützung für den scharfen Drechselstahl (geschärfte Schraubenzieherklinge geht auch) festgespannt. Damit wird der Verschlussstopfen für das Lager aus Holz hergestellt. Der passende Platten-Aufnahmedorn wird gleich mit gedrechselt. Mit ein wenig Gefühl geht das erstaunlich gut und exakt. Wichtig: Zwischenmessungen vornehmen

Der Plattendorn soll 7,15 bis 7,20 Millimeter Durchmesser haben.

Bei laufender Bohrmaschine wird der Stopfen passend und mit guter Rundlaufexaktheit abgesägt. Anschließend vorsichtig mit dem Plattendorn in die Maschine spannen. Jetzt wird genau zentrisch ein kleines Loch für die abgesägte Messingschraube eingearbeitet. Der Schlitz der Messingschraube wird weggefeilt und der restliche Schraubenkopf mit Schmirgelpapier geglättet

Auf dieser Stirnfläche rotiert der Plattenteller. Deshalb wurde der gehärtete Stahlstift in die Bohrmaschine eingespannt und die ehedem gedrehte Oberfläche mit Schmirgelpapier schrittweise geglättet. Ausgehend von 240er Körnung bis schlußendlich mit 1000er Papier feinst bearbeitet wird. Dann glänzt die Fläche bereits ohne weitere Politur wie ein Spiegel.

Die relevanten Bauteile für das Eigenbau-Plattentellerlager. Polierter Passstift, die beiden Sinterbuchsen und der Holzstopfen mit der eingesetzten, ebenfalls polierten Messingschraube. Wenn sich die Buchsen mit sehr kräftigem Daumendruck in das Lagerrohr einschieben lassen, ist der Presssitz ideal

Das fertige Plattentellerlager. Der Holzstopfen samt Lagerfläche und Plattendorn wurde mit Zweikomponentenklebstoff fest fixiert. Bei Bedarf kann er durch erhitzen entfernt und somit das gesamte Lager überholt werden. Der Sicherungsring für die axiale Fixierung des Plattentellers ist ebenfalls passgenau an seinem Platz. Alternativ könnte der Stopfen mit Plattendorn als separate Einheit ausgeführt werden. Dann hätte man eine gewisse Entkoppelung des Dorns vom Tellerlager erreicht. Selbstverständlich kann an dieser Stelle mit unterschiedlichen Materialien oder Holzsorten experimentiert werden

Lagerdorn im Schraubstock eingespannt und Bambusholz-Plattenteller aufgelegt. Das sieht schonmal sehr ansprechend aus. Im Bild ist auch der Mark III-Ikea-Plattenteller zu sehen. Weil mir die außen umlaufende Nut des originalen Hackklotzes nicht sonderlich gefallen hat, wurde der ganze Teller in einer Aufspannung überdreht. Das bringt neben der cleanen Erscheinung vor allem höchste Rundlaufgenauigkeit in Bezug auf die Lagerbohrung. Denn um den genauen Rundlauf geht es in der abschließenden Prüfung

Augenblick der Wahrheit. Mittels Messuhr wird die Rundlaufgenauigkeit kontrolliert. Die gemessenen 0,03 Millimeter sind zwar nicht weltrekordverdächtig, aber für die rustikale Vorgehensweise überraschend genau. Geräusche gibt es auch keine zu hören, es spricht also nichts gegen den Einsatz dieser simplen Eigenbau-Lagerkreation.
Noch ein Wort zur Schmierung: Je nach Lagertoleranz und Bauart verwende ich entweder Trix Modellbahnöl oder Fließfett für Fahrrad-Radlager. Das Trix-Öl ist nicht zu dünnflüssig und hat - wie Uhrenöl auch - eine gewisse Öberflächenspannung, die das Öl gut im Lager hält.
Bei den geringen Drehzahlen (33/min!) und den vor allem axial hohen Druckbelastungen (je nach Tellergewicht) ist Fett im Grunde das bessere Schmiermittel. Das gilt besonders für die dünnen Achsen mit bis zu acht Millimeter Durchmesser. Fett bremst den Teller natürlich stärker ab als dünnes Öl. Wer gerne Rekordwerte im Tellerausdrehenlassen aufstellen möchte, muss Öl verwenden. Der Tellerleichtlauf sagt jedoch qualitativ überhaupt nichts über seine Tauglichkeit zur Musikmaschine aus. Ein zartes, dämpfendes Bremsmoment durch die Fettschmierung kann in Hinblick auf beste Gleichlaufgenauigkeit positiv wirken. Besonders leichtlaufende Teller brauchen nur Plattenspieler mit schwächlichen Antriebsmotoren

Plattentellerlager Prinzipskizze. Grün steht für den polierten Passstift. Die Durchmesser 8 bis 12 Millimeter sind für ein Eigenbaulager empfehlenswert. Passend dazu sucht man sich die Sinterbronzebuchsen (rot) aus. Als Lagergehäuse (schwarz) dient ein passendes Strangpressprofil aus Leichtmetall. Im gezeigten Beispiel ist das ein Rohr mit 18 mm außen und 14 mm Innendurchmesser. Das Axiallager bilden die polierte Spitze des Passstifts (grün) und ein ebenfalls polierter Messingnagel im Holzstopfen (blau/rot). Alternativ könnte auch eine Kugellagerkugel in den Lagerstopfen eingefügt werden. Verkomplizieren geht immer. Der Plattendorn ist in dieser Skizze als separates Teil dargestellt. Er wird oben in die Aufnahmebohrung des Tellerlagers eingepresst oder auch nur mit sanftem Schiebesitz eingefügt. Aus statischer Sicht ist ein Lager dieser Konzeption günstig. Durch den hohen Lagerpunkt stabilisiert sich der rotierende Teller quasi von alleine. Diese Lagerung würde sogar alleine als Spitzenlager ohne die zwei radialen Gleitbuchsen funktionieren. Ein derartiges Spitzen-Sololager wäre zudem der Hit für alle, die gerne mit der Stoppuhr messen, wie lange der angeschubste Teller noch weiter dreht. Die Radiallager sind im Grunde nur nötig, um die Kräfte des antreibenden Riemens aufzunehmen

Bohrlehrenaufbau für die Grundplatte. Faulheit siegt: Habe mir das 10er Loch in ein dickes Stück Multiplex-Holz mit der Ständermaschine bohren lassen. Dann passt die Sache mit der Winkeltreue. Zum Übertrag auf das Grundbrett wird die "Bohrlehre" mit Schraubzwingen fixiert. Jetzt kann sich der Bohrer auch mit der Handbohrmaschine nicht mehr "verlaufen". Anschließend kann der polierte Lagerstift mit dem Kunststoffhammer eingetrieben werden. Sitzt schön stramm, ohne weitere Befestigung

Hier geht's mit Bildern aus der ersten Aufbauphase weiter: Nachdem das Tellerlager mit einer bereits vorhandenen Lagerhülse ans Rotieren gebracht werden konnte und zudem ein passender Antriebsmotor von einem anderen Spieler parat stand, war die Versuchung zu groß: Ein Probelauf war angesagt. Dazu hatte ich nur noch einen fertig bestückten Tonarm per Schraubzwinge ans Brett anzuklemmen und den dünnen Antriebsfaden aufzulegen. Wie sich zeigte, muss die Spannung des Antriebfadens super exakt eingestellt werden. Weder zu straff noch zu locker. Sonst jault's. Der kleine Umschlingungswinkel/umfang des winzigen Antriebspulleys ist für die Fadenlösung offenbar nicht optimal. Aber: Er läuft - und er spielt. Natürlich zuerst eine Klavierplatte. Die Töne stehen und schweben sauber, schwingen exakt aus. Insgesamt ein transparent-klares Klangbild mit straffem Bass. Debakel sehen anders aus. Fürs Erste kann sich das schon mal hören lassen

Erster Testlauf mit Ikea-Tonarm. Am Plattenteller Deep Purple, Made in Japan, mit dem unvergleichlichen "Child in Time". Das schiebt

Hier ist der Aufbau des Ikea-Einpunkt-Tonarms gut zu erkennen. Oben im Ring die Messingschraube mit kleiner Bohrung und Körnerpunkt als Lagerpfanne für die Anreißnadel. Der Schaft der Nadel wird im Holzblock (Teak) mit M4-Rändelschraube geklemmt. Die Tonarmverkabelung läuft direkt bis zum Vorverstärker durch. Sie besteht im Kern aus feiner Kabellitze aus dem Eisenbahn-Modellbau. Auf der Innenseite des Arms ist eine Kupferfolienarmierung als Abschirmung eingeklebt. Ab dem Sockel läuft die Verkabelung in Entlötlitze. Die wird nämlich rund als Schlauch geflochten und eignet sich hervorragend als Abschirmung für feine Käbelchen.

Aus dieser Perspektive ist die Spannfeder zu sehen, die den um den Lagerdorn geführten Nylonfaden unter Zug hält. Damit wird das seitliche Schwabbeln des Einpunktlagers abgefangen. Durch gezielte Reibung lässt sich der Arm zudem dämpfen. Es darf experimentiert werden. Die effektive Masse des Arms liegt ohne System gemessen bei 12 Gramm, also mittelschwer. Je nach Gewicht des montierten Systems ändert sich dieser Wert aber. Mit einem 10 Gramm schweren System liegt die effektive Masse bei 20 Gramm.

Das System wird mit Senkkopfschrauben in die runde Trägerplatte montiert. Die feine Schichtung des Bambusholz-Tonarms ist gut zu erkennen. Alublech als Fingerbügel und Befestigungsjoch für den Systemträger

Der hochgesetzte Lagerpunkt bewirkt bei welligen oder unterschiedlich dicken Platten zwar eine (geringe) Änderung des Überhangs, aber die Auswirkungen in der Praxis erscheinen unerheblich. Auf alle Fälle kann sich dieser "Wokzangen-Arm" wahrlich hören lassen. Wer nicht den ganzen Spieler nachbauen möchte, sollte sich an diesem dankbaren Projekt versuchen

Auf der Suche nach einem geeigneten Antrieb für den Ikea-Spieler bot sich ein im Internet für 5 Euro angebotener Synchronmotor an. Er stammt aus alten Lagerbeständen (NOS), Hersteller Stegmann/Donaueschingen. Er läuft mit 24 Volt Wechselspannung. Die 50 Hz-Wechselspannung ist zugleich sein Steuerimpuls. Die Anzahl der Pole bestimmt dann die Drehzahl. Dieser Motor tourt mit exakt 375/min. Das zugehörige Antriebspulley muss demnach für einen mit 33,3/min rotierenden 300 mm großen Teller 26,6 mm im Durchmesser haben. Weil man etwas Schlupf einplanen sollte, gibt man im Durchmesser noch ein paar Zehntel dazu. Am besten mit einem gestuft gefertigten Pulley. Versuch macht kluch. Der Motor hat auf alle Fälle bärig Schmackes, vibriert aber auch heftig. Zur Entkoppelung sind doppelte Gummielemente (insgesamt 8 Stück M4 Silentblöcke, je 1 Euro) erforderlich, ansonsten brummelt die Stellfläche hörbar mit. Der zugehörige Trafo stammt aus dem Modelleisenbahn-Bedarf (15 Euro). Als Antriebsmedium dient ein simpler Nylonfaden. Ganz wichtig: Es funktioniert und klingt wegen des gewaltigen Drehmoments ganz schön wuchtig. Die hübsche Basis für den Motor ist wieder einmal ein Abfallstück aus einer Dreherei. Auch solche Dinge finden sich leicht übers Internet. Der "High End" Plattenspieler ist damit in seinen Grundzügen fertiggestellt. Kostenaufwand für den spielbereiten Dreher - inklusive System - großzügig gerechnet rund 100 Euro. Jetzt kann das Feintuning beginnen

Die Verschalung für die Motoreinheit fand sich in der Ikea-Fundgrube für lediglich einen Euro: Ein kleiner Blumentopf aus Edelstahlblech. Für die Motordose wurde er mit der Säge entsprechend gekürzt

Eine Antiskating-Einrichtung fehlt noch am Arm. Platz genug ist dafür vorhanden. Bis jetzt wird sie beim Hören allerdings nicht vermisst

Die Tellermatte aus Korkgranulat findet sich gleichfalls im Ikea-Sortiment - als Tischauflage im Viererset. Einfach eine alte Schallplatte auflegen und mit scharfen Bastelmesser inklusive Mittelloch ausschneiden - fertig

Gefunden im Netz: Bambus-Plattenspieler vom Profi. Wie man sieht, liegt der Ikea-Ready Made-Spieler garnicht so weit neben der Spur. Die kanadische Firma triartaudio.com bietet diesen auf den Namen "Pebbles" getauften, komplett aus geschichtetem Bambusholz aufgebauten Plattenspieler an. Inklusive Tonarm kostet er 1295 Dollar. Die Motordose mit 24 Volt-Synchronmotor ist in das Basisbrett integriert, Antrieb über den kleinen, unter dem Plattenteller liegenden Subteller mittels Rundriemen. Bekam von "The Absolute Sound" für die auf der Montreal HiFi-Show demonstrierten Qualitäten eine begeisterte Kritik (...klingt nach 5000 Dollar...). Bambus scheint also ein guter Stoff für Plattenspieler zu sein. (Foto: triartaudio)

Kein Ikea-Plattenspieler, aber auch etwas in der Richtung. Plattenteller aus verleimten Stirnhölzern. In diesem Fall ein heimisches Obstbaum-Gehölz. Passender Weise steckt dahinter die Firma Holz-Akustik (www.holz-akustik.de), die derartige Laufwerke für um die 3000 Euro (ohne Tonarm) anbietet. Der sanfte Knick in der Laufwerksbasis ist übrigens keine Schmalz-Ablaufrinne für Leute, die gerne Schlagerplatten auf den Teller legen.