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Keine Kaufberatung - Aber ein paar Tipps


Nimm dich in Acht vor Exoten. Ra-Au, Au-Ra - oder Rational Audio war zu Beginn der 90er Jahre eine höchst bemerkenswerte Marke aus Tschechien. Der Plattenspieler vom Typ G1 ist nicht nur ansprechend gestaltet, er verfügt auch über einen raffinierten Deckel-Tonarm, der die Platte tangential abfährt. Dazu gab es einen passenden Verstärker (Z1). Ein Gerät für Liebhaber mit sensiblen Bedienhänden, definitiv nicht Angänger-tauglich.

 

 

Plattenspieler kaufen

 

Das ist beruhigend: Den besten Plattenspieler findet man nicht durch das Lesen von Testberichten - sondern einfach durch ausprobieren. Denn der beste Plattenspieler ist bekanntlich derjenige, der immer funktioniert. Oder derjenige, der einfach zu bedienen ist. Oder derjenige, der super preisgünstig ist. Oder derjenige, der einen beim Abspielen der Lieblingsplatte zu Tränen rührt. Oder derjenige, der den Innenarchitekten beeindruckt. Oder derjenige, der beim Umzug mit einer Hand getragen werden kann. Oder derjenige, den man selbst zusammen gebastelt hat. Kurzum, Plattenspieler sind eine individuelle Angelegenheit.

 

Deshalb reicht es für den Einstieg aus, die fünf typischen Konstruktions-Versionen zu kennen:

 

1. Der einfache Brett-Plattenspieler

2. Der Subchassis-Plattenspieler

3. Der einfache Masse-Plattenspieler

4. Der schwere Masse-Plattenspieler

5. Der Discjockey-Plattenspieler

 

Dann müssen Sie sich nur noch auf eine der üblichen Plattenteller-Antriebsarten festlegen:

 

1. Riemenantrieb

2. Direktantrieb

3. Reibradantrieb

 

Das war's auch schon. Das Schöne dabei: Sie können nichts falsch machen. Jede Entscheidung ist richtig. Auch wenn Ihnen manche Experten etwas ganz anderes einflüstern werden. Vertrauen Sie nur Ihrer inneren Stimme. Die lügt nie. Hat aber nicht immer recht. Doch genau das sollten Sie selbst herausfinden.

 

Nur eines ist unumstößlich: Wenn Sie mit dem Spieler im DJ-Style rhythmisch scratchen möchten, dann kommen sie an einem speziellen DJ-Gerät mit pitchbarem Direktantrieb nicht vorbei.

 

Warum "klingen" manche Spieler "besser" als andere? Dazu ein paar grundsätzliche Gedanken. Beim Abtastvorgang interagieren Schallplatte und Tonabnehmersystem. Gekoppelt sind beide über das Laufwerk und den Tonarm. Wer schon einmal erlebt hat, wie sich der "Klang" alleine durch unterschiedlich festes Anziehen der Tonabnehmerschräubchen beeinflussen lässt, der beginnt zu ahnen, wo der Hase im Pfeffer liegt. Resonanzen spielen eine Rolle. Resonanzen, die zu Auslöschungen und Aufdickungen im Klangbild führen können. Der eine Spieler klingt dürr und mager, der andere profund und druckvoll im Bass - bei identischen Tonabnehmersystemen wohlgemerkt.

 

Die Unterschiede liegen also im konstruktiven Aufwand und in der Materialzusammenstellung. Es leuchtet ein, dass etwa ein Tonarm mit penibel eingestellten kardanischen Lagern anders/besser musizieren kann als ein Arm mit anderem Spannungsaufbau - sprich Spiel - im Lagerbereich. Das Spiel als solches ist dabei weniger entscheidend, sondern die Schwingungsübertragung. Die wird mit der möglichen Lagerspannung getuned. Das ist alles. Auf die Abtastgenauigkeit wirkt sich das Lagerspiel ohnehin selbst bei Wackelkonstruktionen nicht aus. Das Spiel wird alleine durch das Gewicht von Arm und Gegengewicht kompensiert. Ansonsten wären ja Einpunkt- und Messerlager völliger Unfug.  Aber mit dem Lagerspiel beim kardanisch gelagerten Arm verhält es sich wie mit dem Anzugsmoment der Tonabnehmerschrauben: Es beeinflusst das Resonanzverhalten. Und nur hochpräzise Achslager lassen sich spielfrei bei gleichzeitig optimaler Leichtgängigkeit justieren.

 

Im Fachhandel ist immer wieder ein Standard-Argument zu hören: Neue Plattenspieler profitieren von den jüngsten technischen Entwicklungen und sind alleine von daher besser als jeder noch so gute Vintage-Dreher. Aus Verkäufersicht ist dieses Argument verständlich. In der Praxis wird es bereits durch die Tatsache widerlegt, dass einer der prominentesten High End-Plattenspieler, nämlich der Linn LP 12, ein Uralt-Muster ist, das in seinen Grundzügen den Stand der 60er Jahre repräsentiert. Um den Linn-Ball beständig am Laufen zu halten, bietet der Hersteller in schöner Regelmäßigkeit (kostspielige)Technik-Aufrüstungen an, die in erster Linie bei der bereits versorgten Linn-Kundschaft den erreichten Qualitätsstand in Frage stellen sollen. Wobei die Idee des "Werkstunings" prinzipiell nicht die schlechteste ist, weil bekanntlich lässt sich aus so gut wie jedem Spieler mehr machen. Die Frage ist allerdings: zu welchem Preis?

 

Anders herum betrachtet wird deshalb eher ein Schuh aus dem Technik-Argument. In der goldenen Ära der Schallplatte bedingten die Stückzahlen bei den Herstellern einen viel größeren Entwicklungs- und Fertigungsaufwand. Es gab mehr Anbieter von Schlüsselkomponenten wie hochwertige Antriebsmotoren sowie Tonabnehmerproduzenten und Nadelschliff-Fachbetriebe. Ein Tonarm vom Schlage eines Thorens TP 16 ist nach wie vor ein Meisterstück der Serien-Fertigungstechnik. Feingewuchtete Plattenteller aus Gusswerkstoff waren früher selbst bei einfachen Spielern üblich, heute gibt es Geräte im mittleren Preisfeld, die einen Plattenteller aus billigem MDF-Pressholz oder gar aus Tiefziehblech aufgestülpt haben, dem zur Steigerung der Massenträgheit ein simples Elektrokabel am Rand eingeklebt wurde. Ein klarer Fall von Fake-Design. Mehr Schein als Sein. Für eine derart primitive Lösung wären sich selbst "Küchentisch-Bastler" zu schade.

 

Gleichwohl unterliegen auch hochwertige Plattenspieler den Gesetzen von Alterung und Verschleißanfälligkeit. Kontakte können korrodieren oder Anpressdruck verlieren, Kunststoffbauteile brüchig und Lagerlaufflächen abgenutzt werden. Professionelle Überholungsarbeiten übersteigen dann klar den Zeitwert etlicher Oldie-Spieler. Ein neues Gerät ist dann die "vernünftige" Lösung. Anders sieht das für Leute aus, die Freude am Basteln und Tüfteln haben. Ein erfolgreich überholter Oldie bringt dann beim Hören - und Betrachten - gleich doppelten Spaß.

 

Ein echtes Qualitätsmerkmal jedes Top-Spielers ist ein frei von Antriebsgeräuschen laufender Plattenteller. Legen Sie beim Kauf einfach Ihr Smartphone mit aktivierter Dezibel-Messung auf die Zarge und/oder den Teller des aktivierten Plattenspielers. Vergleichen Sie den Wert mit den Ruhewerten im Raum. Für aussagestarke Messungen muss natürlich absolute Stille im Raum herrschen. Alternativ können Sie für diesen Test ein klassisch analoges Stethoskop zum Einsatz bringen. Spieler mit separat stehender Motorantriebseinheit bieten in der Regel mehr Laufruhe und damit auch mehr "Schwärze" im Klangbild.

 

Nun wird klar, weshalb auch ein ganz simpler Brettspieler hervorragend musizieren kann. Und warum zwei Spieler gleichen Typs durchaus unterschiedlich "klingen" können. Der Unterschied kann bereits im Anzugsmoment der Tonabnehmerschrauben, der Lagereinstellung, dem Zustand des Antriebsriemens oder auch in der mechanisch vollzogenen Art und Weise der Tonarmbefestigung liegen. Wer das erkannt hat, der ist einen großen Schritt weiter. Denn es wird offensichtlich, dass es keine "großen" und "kleinen" Plattenspieler gibt, und schon gar keine "alten" und "modernen", sondern nur gute und schlechte und ganz besonders gut und schlecht eingestellte. Denn mit dem richtigen Dreh fängt der Spaß erst an. Wo Sie bei Ihrem Spieler ansetzen können, sagen Ihnen die vielen Infos, die Sie auf dieser Seite finden. Mit Geduld, Fingerspitzengefühl und einem Schuss Intuition holen Sie aus (fast) jedem Spieler mehr heraus.

 

 

Zur Orientierung beim Neukauf noch ein Nachsatz: Wenn Sie Wert auf ansprechendes Finish und solide Details legen, sollten Sie nicht weniger als 1000 Euro einkalkulieren. Gehören Sie zu den Mechanik-Feinschmeckern, dann werden Sie sich recht zügig Geräten gegenübersehen, die 5000 Euro und mehr kosten. Brauchbare Disco-Spieler sind wegen höherer Stückzahlen günstiger. Dort wird man bereits um 500 Euro fündig. Gebrauchtspieler bieten oft das beste Preis-Leistungsverhältnis. Das gilt besonders, wenn der Käufer Sachkenntnis und handwerkliches Geschick mitbringt. Für Ersteres können Sie sich mit Hilfe dieser Seite zumindest schonmal fit machen.

 

Für die Experten noch etwas Ketzerisches zum Nachdenken: Es ist ein völlig falscher Ansatz, maximale Gleichlaufgüte über besonders schwergewichtige Plattenteller erreichen zu wollen. Es ist ebenso abwegig, als wollte man bei einem Auto bestmögliche Rolleigenschaften über möglichst schwere Räder erzielen. Jeder Konstrukteur weiß: Die Güte liegt im Antrieb. Die alte Ingenieurs-Riege wusste das noch. Sie kombinierten hochtourige und damit gleichmäßig laufende Motoren über Reibradantriebe mit vergleichsweise leichten Plattentellern. Und noch ein Beispiel: Das abgespielte Tonband ist nahezu massefrei. Den Gleichlauf erzeugt einzig die - hochtourige - und mit geringer Zusatzmasse versehene Kapstan-/Antriebswelle.

 

Und überhaupt: Wichtig ist, dass Mann/Frau einen Plattenspieler hat.


Transrotor Rossini. Brettspieler der gehobenen Kategorie. Statt billigem MDF-Grundbrett eine edle Acrylglasbasis. Offensiv gezeigter Riemenantrieb. Damit ist man bereits auf dem Weg zum einfachen Masse-Plattenspieler. Nicht nur fürs Auge ist der Vinylfreund mit so einem Spieler gut aufgestellt. Mit Tonarm und System kommt der Interessent aber preislich bereits in der 3000 Euro-Liga an. Schönsein kostet.

Discjockey-Plattenspieler sind fürs perfekte Scratching mit einem robusten, über eine große Drehzahlspanne einstellbaren Direktantrieb ausgestattet. Der von 1972 bis 2010 gebaute Technics SL 1200 brachte es in diesem Segment zum Kultdreher. Auch der hier gezeigte Audio Technica AT-LP 120-USB folgt diesem Vorbild bis ins Detail, hat darüber hinaus aber auch noch 78/min für Schellacks im Programm. Dank USB-Anschluss kann man seine Vinylschätze direkt digitalisieren. Wer so ein Gerät sucht, ist mit dem AT gut und preisgünstig bedient. Dank Vinyl-Revival legte Technics den SL 1200 wieder neu auf, allerdings pendeln die Neupreise, je nach Ausführung, zwischen 1500 und 3500 Euro. (Foto: Werk)

Tangential-Tonarm des AuRa G1. Der Tonarmschlitten wird auf zwei kleinen Rollen über eine zwischen Spitzen gelagerte Stange geführt. Der Tonarm selbst ist eher ein Stummel, was bei der VTA-Einstellung einiges an Geduld und Fingerspitzengefühl abverlangt. Flachbandverkabelung für widerstandsarmen Bewegungsablauf. Beim Hochklappen des Deckels fährt der Arm selbsttätig in seine Ausgangsposition. Der Absenkvorgang auf die Platte ist hydraulisch gedämpft.

Mit leichtgewichtigem, schalenartigen Aufbau und dem dünnen Acrylteller entspricht der ungewöhnliche AuRa G1 der Konzeption einfacher Brettspieler. Mit dem Tangential-Tonarm geht er ganz eigene Wege. Wird selten angeboten. Taugt aber mehr als Anschauungsobjekt, denn als praktikabler Alltagsspieler. Second hand-Preise, je nach System und Allgemeinzustand, zwischen 200 und 400 Euro.

Thorens TD 160 mit TP 16-Tonarm. Ein Evergreen aus den 70er Jahren. Typischer Subchassis-Spieler mit in der Zarge "schwabbelnd" aufgehängter Teller-Tonarmeinheit. Hier im bildschönen Trimm des eidgenössischen Spezialisten Swissonor.

Pro-Ject baut nicht nur simple Brettspieler für den Vinyleinsteiger. Dieses Prachstück der 5000 Euro-Klasse folgt traditionellen Vorbildern aus der goldenen Epoche der Schallplattenabtastung. Der per Riemen getriebene Dreher zählt zur Klasse der einfachen Masse-Plattenspieler.

Der Slowene Franc Kuzma ist ein alter Hase im Geschäft eindrucksvoller Plattenspieler-Aufbauten. Dieses Modell geizt nicht mit Metall, und zählt deshalb zur Klasse der schweren Masselaufwerke. Gleich zwei Motoren übernehmen per Riemen den Antrieb der schwergewichtigen, als Material-Sandwich aufgebauten Tellerwalze. Als Tonarm kommt der ungewöhnliche, weil sehr kurze und nicht gekröpfte "Rigid Float" zum Einsatz.

Masse kann auch elegant aussehen. Das beweist dieser Plattenspieler vom Göppinger Spezialisten Acoustic Signature. Überwiegend eloxiertes Leichtmetall prägt das Erscheinungsbild.

Noch ein Acrylglas-Kunstwerk aus dem Hause Transrotor/Räke. Mit einem Gesamtgewicht von rund 40 Kilogramm zählt der Plattenspieler noch zur gemäßigten Kategorie der Masse-Laufwerke. Beachtenswert ist der Metallring am Plattenteller. Er dient als Plattenklemme und erhöht das rotatorische Massenmoment des Tellers. Denn mehr Durchmesser ist wirksamer als einfach nur mehr Masse.

Übers Eck. Masse-Brettspieler aus dem Hause Acoustic Solid, gleichfalls ein Anbieter aus Deutschland. Der gezeigte Plattenspieler gehört noch in die Preiswert-Klasse und dürfte sehr vieles sehr richtig machen.