Vintage HiFi - alt und nicht immer bewährt
Arnold R. Sugden war wohl das, was man hierzulande einen Tüftler nennen würde. Bereits vor Garrard baute er in England Plattenspieler für höchste Ansprüche. Ab 1952 bot er den "Connoisseur" mit drei Geschwindigkeiten und fein regelbarer Tellerdrehzahl an. Zudem entwickelte er eigene Tonarme, Tonabnehmersysteme, Verstärker und Lautsprecher. Noch vor den Majors der Plattenindustrie stellte er 1956 seine eigene Stereo-Schallplatte vor. Er kombinierte dabei die Mono-Seitenschrift mit der Edison'schen Vertikalschrift für den zweiten Kanal. Auch bei Decca experimentierte man mit diesem System, was die ungewöhnliche Konzeption des bekannten Decca-Stereosystems erklärt, dessen obere Spulen die Vertikalbewegung des Nadelträgers auslesen. Schließlich setzte sich für den Stereo-Schnitt bei den Plattenherstellern Alan Blumleins 45 Grad-Schrift durch, die er sich bereits in den 30er Jahren hatte patentieren lassen - eine achsgespiegelte Mischung aus Seiten- und Höhenschrift. Sie bietet den entscheidenden Vorteil, dass auch mit einem Monosystem Stereoschnitte vollständig abgespielt werden können. Beim 90 Grad-Schnitt würde mit einem Monosystem abgehört ein Kanal fehlen. Die Firma A.R. Sugden in Brighouse/Yorkshire hat übrigens historisch nichts mit der immer noch am Markt vertretenen, und erst 1967 gegründeten Firma von James Sugden zu tun. Es besteht lediglich Namensgleichheit. Mehr zum Thema Sugden Connoisseur weiter unten in dieser Rubrik.
In Amerika wurden die Elac-Plattenspieler unter der Marke Benjamin angeboten. Werbeanzeige von 1962.
Anzeige aus der amerikanischen HiFi-Presse von 1961. Damals war es durchaus üblich, den kostenbewussten Kunden auch Bausätze anzubieten.
IN DEN WILDEN 50ER, 60ER und 70ER JAHREN
In dieser Rubrik taucht bemerkenswertes Altmaterial auf. Speziell das Angebot an historischen Plattenspielern ist nach wie vor groß. Weil Plattendreher jedoch empfindliche Gesellen sind, empfehle ich dringend, diese Gerätschaften nur zu kaufen, wenn man sie besichtigen und selbst abholen kann. Zum Transport stets Teller und Tonarmgewicht abnehmen (sofern möglich). Etliche Geräte haben spezielle Sicherungsschrauben, die für den Transport montiert oder angezogen werden müssen. Derartige Sicherungsschrauben sind zumeist gekennzeichnet (rote Farbe) und sollten dann auch genutzt werden.
Klangbeschreibungen erspare ich mir und Ihnen. Die gezeigten Geräte lohnen entdeckt zu werden, manche davon sind ohnehin längst anerkannte Klassiker mit entsprechend hohen Liebhaberpreisen. Generell: In ein entsprechendes Anlagenumfeld integriert, steckt in den Oldie-Spielern gemeinhin mehr als gedacht. Und immer daran denken: Die Musik macht's.
Braun PS 500 Plattenspieler und CSV 13 Röhrenverstärker sind eine bildschöne Vintage-Kombination. Schon alleine deshalb sind die Geräte vielen "High Endern" verdächtig. Dazu kommen am CSV 13 ausgeklügelte Klangeinstellmöglichkeiten mit regelbarer Loudness-Funktion. So etwas kann ja nicht klingen. Bei Braun hat man damals eben noch die Kunden und deren individuelle Hörwünsche ernst genommen, zudem sollte für die seinerzeit neuartigen LE 1-Elektrostaten eine angemessene Schaltzentrale geschaffen werden. Wer es heute einfach auf einen Versuch ankommen lässt, und in den PS 500-Tonarm etwa ein ins Holzgehäuse eingetopftes Tonar Diabolic auf den gemäß CCIR-Norm entzerrten CSV-Phonoeingang loslässt, der wird es garantiert nicht bereuen. An den Thöress-Schallwänden läuft das phänomenal gut. Erfahrungsreport unter www.klassik-lust.de
Thorens TD 145. Ein typischer 70er Jahre-Spieler für den preisbewußten HiFi-Fan. Mit weich gefedertem Subchassis und sehr gutem Tonarm. Das Armrohr ist in Bezug auf das Massenträgheitsmoment (Armmasse) tauschbar ausgelegt. Sehr clever gemacht. Ein dankbares Gerät, das auch heute noch voll und ganz zufrieden stellen kann
ERA 444 aus Frankreich. Bei diesem Spieler war Konstrukteur Jean C. Verdier am Werk. Bekannt geworden ist dieser Audio-Entwickler vor allem durch sein konsequent als Abspielmaschine gestaltetes Plattenlaufwerk "Platine Verdier". Besonderheit des per Riemen angetriebenen ERA 444 ist sein Tonarm. Dessen Vertikallagerung wird mittels gekreuzter Stahlbänder bewerkstelligt. Diesen Tonarm gibt es in zwei Ausführungen. Im Bild zu sehen ist die aufwändigere "Mk.II-Version". Die verfügt über eine per Federzunge einstellbare Auflagekraft. Typisch für diese Tonarmversion ist zudem das viereckige Gegengewicht. Die einfache Version ist mit einem runden Gegengewicht ausgestattet. Im identischen Design gab es den Spieler auch als Version 555 und 666, dann mit gefedertem Subchassis.
Tonarmlager des ERA 444 im Detail. Die gesamte Anordung ist trickreich ausgeführt. Der Ausleger für das Antiskating wird einfach eingesteckt. Es gibt auch kein Tonarmrohr, sondern ein H-förmiges Profil aus Leichtmetall. Das wird in der Aufnahme geklemmt, und erlaubt so auch die Feineinstellung des Azimut. Auch die Klemmung des an zwei Streben geführten Gegengewichts mittels Rundmaterial ist ungewöhnlich.
Antriebseinheit des ERA 444. Zum Wechseln des Antriebsriemens muss der Spieler bis zu diesem Montagegrad zerlegt werden. Typisch französische Umständlichkeit. Der kleine Synchronmotor wird direkt mit Netzstrom versorgt. Er sitzt vorne links, nach neuesten Erkenntnissen der richtige Platz für den Antrieb, weil die Zugkraft des Motors nicht gegen die Abtastrichtung des Nadelträgers wirkt. Stromführende Verkabelung sehr dicht am Blechgehäuse, das über keinen Schutzkontakt verfügt. Auch das Thema nahm man damals in Frankreich auf die leichte Schulter. Vor dem Zusammenbau kam deshalb noch eine Lage Isolierband auf das Gehäuse. Die drei freien Bohrungen samt Vertiefungen sind für die Version mit gefedertem Subchassis (Typ 555 und 666) vorgesehen.
Telefunken 210, baugleich mit Perpetuum & Ebner 34. Riemen-Reibradkombination. Reibräder mit naturfarbenem Gummi sind zumeist holzartig verhärtet und nicht mehr brauchbar, die schwarzen Reibräder sind langlebiger. Vom Zustand des Reibrads hängt die Laufruhe entscheidend ab. Wenn alles passt, dann ist das ein netter, unscheinbarer Favoritenschreck. Oft ist in den Spielern bereits ein Entzerrer-Vorverstärker eingebaut. Ideal also für Leute, die nur einen Verstärker mit Line-Eingängen (CD, Radio, Tonband) haben
Nicht Thorens, nicht Linn. Es war die amerikanische Firma Acoustic Research, kurz AR, die den ersten Plattenspieler mit "Schwabbelchassis" auf den Markt brachte. Und das zum vergleichsweise günstigen Kurs. Die Anzeige ist von 1962
Elac Miracord 50 H II. Wunderschönes 70er-Design mit Chrom und zeittypischen Automatikfunktionen. Stapelachse für 45er Singles inklusive. Pfiffiger 30er Plattenteller mit konischem Rand und aufgesetztem Plexi-Stoboskopring. Messkegel für korrekte Justage des Überhangs. Echter Reibradspieler, und das mit überragender Laufruhe. Engländer würden "Sleeper" dazu sagen. Ein Spieler, mit dem man die großen der Zunft durchaus in Verlegenheit bringen kann. Was hier in Verbindung mit der Automatik-Steuerung an feinmechanischer Raffinesse im Gerät steckt, degradiert jeden so genannten "High End-Plattenspieler" zur ambitionierten Bastelarbeit. Interessant ist auch das Plattentellerlager. Ein Mix aus Gleitlager und axialem Rillen-Kugellager. Für geräuscharmen Betrieb laufen die Kugeln in einer Kunststoffbahn. Das Lager wird mit Fett geschmiert, das sich auch noch nach 40 Jahren in bester Verfassung befindet. Der Aufbau des Spielers ist unter der Schale derart komplex, dass man sich die Frage stellt, wie man die enorm aufwändige Montage seinerzeit im Werk unter Berücksichtung der Kosten durchführen konnte. Da müssen Montage-Fachkräfte der Spitzenklasse am Werk gewesen sein. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass man im Falle einer Reparatur mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf verlorenem Posten steht. Also wenn Sie heute diesen Oldie-Spieler kaufen, dann vergewissern Sie sich der rundum einwandfreien Funktionstüchtigkeit. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit, den Spieler als reines Laufwerk auszuschlachten. Und selbst das ist dann schon eine Heidenarbeit. Übrigens: Das Modell ist technisch weitgehend baugleich mit dem Braun PS 600.
Nochmals der gleiche Elac Miracord 50 H II, diesmal in großer Vollholzzarge mit separat montiertem 12 Zoll-Tonarm. Macht auch entsprechend groß Musik.
Der Transistor kommt. Titelthema auf dem grafisch brillant gestalteten Cover der High Fidelity von 1962.
Garrard 401 mit SME 3009-Tonarm. Das ist die Edel-Vintageklasse. Eine Kombi, die bis ans Ende aller Tage für vergnügliche Vinylverkostung gut ist. Echter Reibradspieler aus der Zeit, als noch für die Ewigkeit gebaut wurde. Geliefert wurde zumeist lediglich das reine Teller-Laufwerk. Den spielfertigen Dreher musste sich der Käufer mit Eigenbauzarge und separat gekauftem Tonarm selbst zusammenstellen. Händler haben selbstverständlich auch komplette Spieler angebotenen. Ausführliche Garrard-Story siehe unter www.klassik-lust.de
Garrard 301, der Vorläufer des 401. Noch nostalgischer und für die meisten Garrard-Fans deshalb noch schöner. Im Preis über dem 401 angesiedelt. Sein drehmomentstarker Reibradantrieb gibt ihm den besonderen Drive. Toller Spieler. Und weil immer wieder danach gefragt wird: Einen Garrard 301 in Bestzustand erkennt man an der augenblicklich nach dem Einschalten erreichten Solldrehzahl, die dann sofort wie die sprichwörtliche Eins steht. Der Antriebsmotor des 401 ist "milder" und weniger drehmomentbetont abgestimmt. Der 401-Antrieb ist insgesamt kultivierter, braucht aber etwa eine LP-Seite, bis er auf Temperatur ist. Dann kann die Drehzahl stabil einreguliert werden. Kalt gestartet, ist die Drehzahl noch verlangsamt. 301 oder 401. Laufgeräusche sind von außen nicht hörbar. Mit dem Stethoskop sind Geräusche von Motor und Antrieb erfassbar. Kein Vertun also, (moderne) Direkttriebler und gute Riementriebler sind laufruhiger. In der Praxis gehen die Laufgeräusche des Antriebs aber im Rillenrauschen unter. Mit zunehmender Motorerwärmung (der Motor wird im Betrieb gut handwarm) nimmt die Tellerdrehzahl des 301 noch etwas zu. Dann muss nachgeregelt werden. Macht der Garrard auffällige Geräusche, ist etwas faul. Rhythmisches Rumpeln lässt auf ein verschlissenes Reibrad schließen, konstantes Brummen auf einen defekten Antriebsmotor. WICHTIG: Zum Transport die Motorsicherungsschrauben gefühlvoll anziehen. Mittels Bügel wird damit der beweglich in den Federn aufgehängte Motor starr fixiert. Sicherheitshalber sollte zudem der Plattenteller abgenommen werden. Wurde der Spieler mit betätigtem Einschalthebel eingemottet, hat das Reibrad eine Druckstelle und damit Unrundheit abbekommen. Fachleute können das Reibrad mittels Vereisungsspray und sofortigem Überschleifen mitunter noch retten.
Thorens TD 124. Das Schweizer Gegenstück zu den Garrard-Modellen. Auch in diesem Fall wurde das reine Laufwerk separat für individuellen Einbau in eine Konsole geliefert. Besonderheit ist der stoppbare Plattenteller. Ideal für Rundfunk- oder Diskothekenbetrieb. Dort war der TD 124 auch gerne anzutreffen. Legendäres Material. Deshalb in den letzten Jahren mächtig nach oben gejubelt. Der Schweizer Spezialist Schopper bietet revidierte Spieler für um die 5000 Euro an. Seit einiger Zeit hat sich die ebenfalls in der Schweiz ansässige Firma Riverside Audio mit bildschön aufbereiteten TD 124 einen exzellenten Ruf erarbeitet. Kombinierter Riemen-Reibradantrieb. Gebaut wie eine Werkzeugmaschine. Reibrad nicht restlos laufruhig. Jede Menge Tuningteile und Tipps im Umlauf. Für Leute mit Sinn für gehobene Feinmechanik zu empfehlen. Hier mit dem eher untypischen Sony PUA 1600-Tonarm. Verträgt sich trotzdem. Auf dem magnetischen Grauguss-Plattenteller (mit abbremsbarem Leichtmetall-Überteller) liegt zusätzlich eine Filzauflage
Noch einmal der TD 124, diesmal mit dem besser in den historischen Kontext passenden Ortofon SMG 212-Tonarm. Die Headshell ist nicht mit dem obligatorischen SPU bestückt, sondern mit dem gleichfalls historisch sehr gut passenden Elac STS 222. Eine Kombination, die sich ohrenscheinlich mit synergetischen Effekten optimal zusammenfügt und das Speichermedium Vinyl in musikalisches Leben umzuwandeln vermag. Begeisternd auch am alten Ortofon-Tonarm sein haptisch hochwertiges Anfassgefühl mit butterweich laufenden und zugleich völlig spielfreien Lagern. Was die These widerlegt, in früheren HiFi-Tagen hätte es noch keine hochwertige Lagertechnik gegeben. Das wäre ein Plattenspieler-Set für die berühmte Insel - mit Stromanschluss. In Aktion können Sie den Spieler auf youtube erleben, Suchbegriff:"Sattes Rohr und Donnerschlag auf Thorens TD 124". Garantiert GEMA-freie Klänge. Viel Spaß.
Gut in die Reihe der historisch wertvollen Reibrad-Plattenspieler passt auch der hierzulande eher unbekannte "Connoisseur". Hergestellt von A.R. Sugden, einem kleinen englischen Fachbetrieb, der sich bereits ab 1949 auf hochwertige Plattendreher spezialisierte. Im selben Jahr präsentierte Columbia seine 30 Zentimeter-Vinyl-Langspielplatte, die zur Verlängerung der Spieldauer mit 33/min abgespielt werden musste. Schellacks rotierten bis dato mit rasanten 78/min. Ab 1952 entsprach das Design des Connoisseur dem hier gezeigten Modell. Nur farblich gaben sich die Spieler mit braunem Kräusellack noch zurückhaltender. Preislich lag ein Connoisseur damals sogar über dem erst 1954 präsentierten Garrard 301. Unser Muster mit neu gestaltetem Drehzahlschalter und Feinregulierung wurde im November 1957 hergestellt. Es gibt von diesem Bautyp leicht differierende Versionen, in der letzten Ausführung etwa wurden die Stroboskopringe auf der Tellerunterseite angebracht und eingespiegelt. Einpunktgelagerter Tonarm samt MI-System stammen ebenfalls von Sugden. Der Tonarm wurde jedoch stark modifiziert und speziell für ein forciertes Monoplatten-Erlebnis zurechtgemacht. Die charmante Hammerschlaglackierung unterstreicht den handfesten Maschinencharakter. Die Spieler wurden seinerzeit vereinzelt auch in Deutschland verkauft, hauptsächlich fanden die Connoisseur-Dreher im Herstellungsland und in den USA, dann mit speziellem 110 Volt/60Hz-Antrieb, ihre Käufer. Auf die Connoisseur-Serie folgte ab 1961 die preisgünstigere Craftman-Baureihe, ab Ende der Sechziger kam der einfache, aber in einschlägigen Kreise sehr geschätzte Sugden BD-1 mit 25er Tellergröße.
Einschaltknopf des Sugden Connoisseur. Zum Wechseln der Tellerdrehzahlen muss jedesmal ausgeschalten werden. Mit dem Drehknopf wird der gesamte Motorträger zur Seite geschwenkt, zugleich wird mit diesem Schwenk der interne elektrische Schalter für den Antriebsmotor betätigt. Unter dem Tellerrand ist der kleine Korkzylinder zu sehen. Er bremst den Teller beim Ausschalten ab.
Drei Geschwindigkeiten - 33/min, 45/min und 78/min - stehen zur Wahl. Einreguliert über den kleinen Radialhebel. Mit der zentralen Stellschraube wird die Feinabstimmung erledigt. Die entsprechenden Stroboskopringe sind auf der aufgeklebten Tellermatte aus Hartgummi aufgedruckt.
Aufsteck-Headshell des Connoisseur-Plattenspielers mit Gehäuse aus Bakelit. Das Monosystem ist mit einem als Vertikalpendel ausgebildeten Nadelträger ausgestattet. Der magnetische Nadelträger schwingt innerhalb einer Spule. Der Aufbau entspricht dem unteren Teil des Decca-Systems. Auflagedruck vier bis sechs Gramm. Die grüne Griffkugel ist serienmäßig. Mit unterschiedlichen Farben wurden die diversen Nadeltypen gekennzeichnet. Man hörte seinerzeit ja auch noch seine alten Schellacks. Interessant ist das Tonarmrohr. Es besteht aus matt verchromtem Kupfer, Durchmesser 9,5 Millimeter, Wandstärke 0,5 Millimeter. Gut möglich, dass sich Konstrukteur Arnold R. Sugden damals aus rein klanglichen Erwägungen für den an dieser Stelle eher ungewöhnlichen Werkstoff entschieden hat.
Sugden Pick up für alte Schellack-Platten. Der Abtastsaphir hat fast schon die Abmessungen eines kleinen Nagels. Der Systemkörper (braun) besteht aus Pertinax, ein uralter Isolationswerkstoff aus Papier und Harz. Systemaufnahme aus Bakelit. Der rote Kern ist die runde Systemspule, in der Mitte der magnetisch wirksame Nadelträger. Die beiden Blechbügel bündeln das Magnetfeld am durch die Rillenmodulation pendelnd schwingenden Nadelträger. Wie bei Schellack-Abtastern üblich, läuft die Nadel zur Verschleißminderung mit leichter "Rückenlage" im gleitenden Schleppmodus durch die Rille. Die konzeptionelle Ähnlichkeit zum späteren Decca-System ist nicht zu übersehen.
Das serienmäßige (und beschädigte) Kunststoffgehäuse des einpunktgelagerten Sugden Mk.II-Tonarms wurde durch ein Metallteil mit Messing-Lagerpfanne ersetzt. Auch das Tonarmgewicht aus Edelstahl ist neu. Eine Zwischenteil aus Holz entkoppelt das Gewicht vom Tonarm und garantiert zugleich eine elegante Klemmung ohne Druckspuren. Das Armrohr ist drehbar gelagert und erlaubt über die kleine Klemmschraube (rechts) das Feineinstellen des Nadel-Azimut. Kräusellack als Tüpfelchen auf dem Vintage-I.
Der Sugden Connoisseur besteht aus einer überschaubaren Anzahl von Zamak-Gussteilen. Die gesamte Konzeption wirkt improvisierter als die durchkonstruierteren Muster von Garrard oder Thorens. Typisch Kleinserie. Das Tellerlager (oben links) ist solide ausgeführt und läuft als Punktlager auf einem gehärteten, in der Höhe einstellbaren Stift. Eine Nylonaufnahme der Stiftschraube soll Lagergeräusche dämpfen. Man merkt den Details sehr wohl an, dass sich die Macher intensiv mit der Materie beschäftigt haben.
Konische Antriebswelle und Reibrad des Sugden Connoisseur. Das Reibrad wird in Spitzenlagern präzise geführt. Deshalb auch die flache, leicht federnede Haltezunge für den oberen Lagerpunkt. Somit kann das Lagerspiel auf "null" einjustiert werden, ohne die Lagerstelle zu überlasten. Die Drehzahl-Feineinstellung geschieht durch die Höhenregulierung des Reibrads. Je höher das Rad auf der Konuswelle ansetzt, desto niedriger die Drehzahl. Nach dem gleichen Muster geschieht die Drehzahl-Umschaltung. Motor und Reibradaufnahme sind jeweils in drei Silentgummis entkoppelt fixiert. Keine Frage, Mister Sugden war ein cleverer Plattenspieler-Konstrukteur.
Sugden Connoisseur von unten. Der Motor-Schwenkarm trägt die gesamte Elektrik. Hier ist zudem die entkoppelnde Nylon-Aufnahme für den Lagerstift der Plattenteller-Achse gut zu erkennen. Auch an die Schmierung wurde gedacht. Zum unteren Lager des Antriebsmotors führt ein kupfernes Ölrohr. An die Schmierbohrung für das obere Lager gelangt der Servicemann gleichfalls nach Abnehmen des Plattentellers.
Ein Vintage-Set, wie man es nicht alle Tage sieht: Sugden Connoisseur-Plattenspieler und Sherwood S-1000 II-Monoverstärker. Sherwood zählte Ende der 50er Jahre zu den kleinen und feinen Herstellern in der amerikanischen Audioszene. Damals schon mit verkupfertem Chassis, was manche Edelhersteller erst Jahrzehnte später wieder "neu" entdeckten.
Der Sherwood S-1000 II bietet seinem Nutzer die Wahl zwischen verschiedenen Entzerrerkurven (Equalization). Ende der 50er Jahre war das bei besseren Geräten ein übliches Ausstattungsmerkmal. LP etwa steht für die Entzerrung der Columbia-Langspielplatten, die in Konkurrenz zu den von RCA propagierten 45er Singles standen. Lon ist bei Platten des London-Labels richtig, und AES-RIAA kennzeichnet die später zum allgemeinen Standard gewordene Entzerrung. Mit Eur sollten die Amerikaner jene Platten abspielen, die sie von einer Europareise mit nach Hause gebracht hatten. Wobei die Plattenhersteller bis heute immer auch nach Gutdünken an den Reglern gespielt haben, denn jede Norm hat auch ihre Toleranz. Eine individuelle Einstellung am Verstärker "nach Gehör" ist also in jedem Fall zu begrüßen. Denn "richtig" ist das Ergebnis, das beim Hören am besten gefällt.
Innenleben des Sherwood S-1000 II "Forty" Monoverstärkers. Alles sehr ansprechend verarbeitet, wobei das verkupferte Chassis seinen Teil zur edlen Anmutung beiträgt. Vollröhre, inklusive 5AR4-Gleichrichter. Vorstufe mit drei ECC 83/12AX7. In der Endstufe arbeiten zwei 7868-Röhren. Zum Abspielen alter Monoschätzchen eine prima Wahl, vor allem auch wegen der einstellbaren Entzerrerkurven.
Sherwood S-1000 II "Forty" von 1959. Das Design erinnert an das Armaturenbrett eines Pontiac-Straßenkreuzers. Die Frontplatte besteht aus weiß lackiertem Leichtmetall. Zahlreiche Geräuschfilter, die man beim Abspielen alter Platten zu schätzen lernt. Sogar der Eingangspegel des Plattenspielers ist regelbar. Feines Teil, allerdings nur mit 110 Volt zu betreiben. Mit einem handelsüblichen Vorschalttrafo ist das keine Affäre.
Mit Julie London auf dem Plattenteller ist nicht nur der Abend gerettet. Seinerzeit als "Jazz fürs Schlafzimmer" vermarktet, darf man heute ganz entspannt eine enorm ausdruckstarke Sängerin genießen, die sich kongenial sparsam (nur Bass und Gitarre) von Gitarrist Barney Kessel begleiten lässt. Auch Melody Gardot dürfte sich nicht nur "Gone with the Wind" einige Male intensiv angehört haben. LP-Tipp: "Julie is her Name". Die Aufnahmen von 1955 sind auch als Nachpressung zu günstigem Kurs erhältlich. Near mint-Originale kosten bereits richtig Geld. Und das zurecht.
Braun PS 500. Cleanes Dieter Rams-Design mit hoch verdichteter Technikfüllung im Blechkorpus, inklusive ölhydraulisch gedämpfter Chassis-Aufhängung. Kombinierter Riemen-Reibradantrieb, der hörbare Geräusche produziert. Wenn der Teller nicht mehr dreht, ist meistes das Zugseil der Reibrad-Anpressfeder gerissen. Einfach zusammenknoten und Spannung neu einstellen, weiter geht's. Die serienmäßige Plexiglashaube ist bei diesem Exemplar abmontiert.
Wundervoll gestaltete Headshell des Braun PS 500. Anschluss an den Tonarm mittels SME-Bajonett. Die Tonabnehmer-Aufnahme ist in das tiefgezogene Leichtmetallgehäuse eingeklebt. Dieser Verklebung löst sich im Laufe der Jahre gerne. Montiert ist bei diesem PS 500 ein Audio Technica AT 13-System. Das harmoniert sehr gut mit diesem Spieler.
Klein&Hummel VS-56. Gute Ergänzung zum klassischen Plattendreher. Deutscher Vollröhren-Verstärker mit insgesamt 10 Röhren. Allerdings stecken in der Vorverstärkung die inzwischen teuer gehandelten ECC 808. DIN-Eingangsbuchsen. Frei verdrahteter Aufbau, aber enge Packungsdichte wegen kompakter Abmessungen. Preislich nach wie vor interessant und im guten Erhaltungszustand immer noch für besten Musikgenuss zu gebrauchen. Phonostufe MM etwas leise, mit MC-System und Übertrager okay. Auf dem hier steht Telefunken, wurde auch unter den Markennamen Saba und Telewatt angeboten. Das Gerät habe ich Ende der 90er zusammen mit dem oben gezeigten TD 124 für einen D-Mark-Preis gekauft, der heute, in Euro umgerechnet, allen einschlägigen Liebhabern die Tränen in die Augen treiben würde. Seitdem läuft das Gerät einwandfrei. Nur eine der vier ECL 82-Endröhren hat vor vielen Jahren den Geist aufgegeben. Diese Röhrentype ist immer noch gut und günstig zu bekommen. Alle Vorverstärker-Röhren sind laut beiliegender Bestückungskarte noch Werks-Originale. So viel zum Thema "deutsche Röhrenverstärker taugen nichts". Den VS-56 schalte ich gerne und oft ein
Vintage-Traumanlage von 1961: Harman-Kardon Citation I und II Verstärker, Acoustic Research AR-3 Lautsprecher, Fairchild 412 Plattenspieler mit Shure M 212 Tonarm. Kostete damals zusammen rund 1100 Dollar. Das entsprach in jener Zeit dem Gegenwert eines VW Käfer, ergo heute also einem Auto der 15000 bis 20000 Euro-Klasse. Die Tester des amerikanischen Magazins "HiFi/Stereo Review" lobten die "exellent definition"
Mit dieser schönen Anlage müsste sich auch heute noch ausgezeichnet Vinyl verkosten lassen. So lobten denn auch die Tester von Marantz 7C und 8A-Verstärker, Bozak B302 A-Lautsprechern sowie Rek-O-Kut B12H Plattenspieler samt Fairchild SM-2 Tonabnehmer den "transparent sound". Und das alles ohne weitere Kabelexperimente...
"Somewhat muffled". Richtig überzeugt schienen die Tester damals von dieser Traumanlage nicht gewesen zu sein. Scott 122 und 290 Verstärker, Electro Voice Royal 400-Lautsprecher, Garrard 301 Plattenspieler samt ESL-200 Tonarm und Dyna Sterodyne II-System. Für 1200 Dollar würden da heute trotzdem die Finger munter nach oben schnellen.
"Quite good". Komplett vom Hocker gehauen hat offensichtlich auch diese heute höchst begehrenswerte Ansammlung von kultisch verehrtem Gerät seinerzeit nicht. McIntosh C20 und MC240 Verstärker, KLH Model 7-Lautsprecher und dazu der Thorens TD 124-Plattendreher samt Grado Lab-Tonarm und Grado Master-System.
"Bright sound". Das Setup aus Fisher 400 CX2 und SA300B Verstärker, Altec Lansing 838 A Lautsprechern sowie Audio Empire 208 Plattenspieler hat anno 1961 den HiFi/Stereo Review-Redakteuren DeMotte, Goodfriend, Snitzer und Cohn offenbar halbwegs getaugt.
Ist das überhaupt HiFi? Der Philips AG 9125 Stereo-Kofferplattenspieler aus den frühen Sechzigern mit seinen leicht blass klingenden Serien-Breitbändern macht das Abhören alter Singles durch seinen lieblichen Vintage-Spirit zum ergreifenden Erlebnis. Vor allem, wenn er im Automatikmodus die Scheiben selbsttätig wechselt. Im Gerät schlummert ein Röhrenverstärker mit zwei EL 95 in den End- und zwei ECC 83 in den Vorstufen. Das Ensemble entspricht ziemlich genau dem bekannten Philips AG 9016-Röhrenverstärker. Die dicke Überraschung gibt es deshalb, wenn zwei große Thöress-Schallwände an den Spieler angeschlossen werden. Dann wird die Musik aus dem Koffer zwar noch kein Hochamt für highfidele Erbsenzähler, dafür ein Fest für Freunde alter Vinylschätze. Das klingt ganz großartig nach Schallplatte.
Traumanlage der siebziger Jahre: Ultraseltener Yamaha CR-3020 Receiver plus passende Boxen und Micro Seiki BL-91 Plattenspieler-Flaggschiff. Plus Tonbandmaschinen, die den Namen "Maschine" wirklich verdient haben. Gesehen auf den AAA-Analogtagen in Krefeld. Dieser 38 Kilogramm schwere Edelreceiver wurde anscheindend von einem wachen Beobachter bei einer Hausentrümpelung aus dem Müllcontainer gerettet. Sachen gibt es.
Berühmt aus Film und Fernsehen. Die Mutter aller Acryllaufwerke: Mitchell-Transrotor. Schwingentkoppelung über zwei große Blattfeder-Füße.
High Mechanics. Wunderschönes und dazu ungemein kompaktes Set aus den späten Siebzigern: Micro Seiki DQX-1000 mit hauseigenem Leichttonarm und zusätzlichem, einpunktgelagertem Grace-Tonarm aus Holz.