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Thorens TD 145 Mk.II

 

Wer in den siebziger Jahren einen guten Plattenspieler wollte, der griff häufig zu einem Produkt aus dem Hause Thorens. Funktionalität, Zuverlässigkeit und vor allem hohe Wiedergabegüte dank laufruhigem Antrieb und vom Trittschall entkoppelten Chassis sprachen für die Produkte aus Lahr. Der TD 145 zählte zur gesunden Mittelklasse, und das gilt noch immer


Ein typischer Thorens. TD 145. Mit spezieller Antistatik-Matte auf dem Teller. Ein Pluspunkt ist der recht hochwertige Tonarm, der mit unterschiedlichen Armrohren bestückbar ist.

 

Als der TD 145 anno 1975 auf den Markt kam, gehörte er zur soliden und deshalb umso bedeutenderen Mittelklasse. Ende 1976 wurde bereits die Mark II-Version präsentiert, die wir hier eingehend betrachten möchten. Wichtigster Unterschied gegenüber der 145er Urversion war eine neue Variante des im Hause Thorens bewährten TP 16-Tonarms. Für die Werbung bekam die Neuerung den eingängigen Namen "Isotrack-Tonarm". Besonderheit ist die weit in Richtung des kardanischen Lagers gerückte Tonarmteilung. Der gewichtige Überwurfmutter-Mechanismus sitzt damit näher am Drehpunkt, die Trägheitsmasse wird reduziert. Damit reagierte Thorens auf den damaligen Trend, der Tonabnehmer mit Platten schonend geringen Auflagekräften von nur einem Gramm samt entsprechend hohen Nadelnachgiebigkeiten zum Stand der Technik hochstilisierte. Heute wird dieses Thema sehr viel entspannter betrachtet. Moderne High End-Systeme arbeiten in der Regel mit Auflagedrücken von um die zwei Gramm.


Kardanisch gelagerter Tonarm des TD 145. Die Auflagekraft wird per Federkraft justiert, die Antiskatineinrichtung arbeitet mit Magnetkraft. Auf der Skala sind Werte für unterschiedliche Nadelschliffe sowie für trockenes und nasses Abspielen der Platte analog zur eingestellten Auflagekraft vermerkt. Bei Nassbetrieb wird weniger Antiskating eingestellt (obere Skala).

 

Der Isotrack-Arm mit dem im TD 145 Mk.II zugehörigen Tonarmrohr TP 62 zählt also zur Leichtbau-Sorte. Diese Eigenheit muss lediglich bei der Auswahl des Tonabnehmers berücksichtigt werden. Es sollten keine hart aufgehängten "Prügel" wie das klassische Denon DL 103 oder ein altes Ortofon SPU sein. Systeme, für die eine Auflagekraft von um die 1,5 Gramm empfohlen werden, passen in aller Regel auch für den TD 145 Mk.II-Arm, und in dieser Klasse ist die Auswahl nach wie vor sehr üppig, auch und gerade in den preislich günstigen Regionen.
Ein dickes Lob verdient sich der Isotrack-Arm für seine umfangreichen Einstellmöglichkeiten. Er kann nicht nur in der Höhe und der effektiven Länge korrigiert werden, er erlaubt durch Drehen der Headshell sogar das lotrichtige Ausrichten der Abtastnadel zur Plattenoberfläche. Das ist wichtig. Denn speziell bei preiswerten Systemen steht die Nadel nicht immer perfekt gerade auf dem Nadelträger.
Daneben gibt es noch eine raffinierte Antiskating-Einrichtung. Die wirkt per Magnetkraft dem beim Abtasten zur Tellermitte hin tendierenden Arm entgegen. Ein derart großzügiges Ausstattungsangebot in Sachen Tonarm ist selbst bei heutigen High End-Plattenspielern nicht selbstverständlich.


Riemenantrieb auf den Subteller aus faserverstärktem Kunststoff. Drehzahlumschaltung mechanisch durch Hochführen des Riemens auf den entsprechenden Durchmesser am Antriebspulley.

Blick auf den "Unterboden" des TD 145. Gut ist das an Federn aufgehängte Subchassis aus tiefgezogenem und verzinktem Stahlblech zu sehen. Keine erotische Supermechanik, alles rein dem Zweck - und einem günstigen Ladenpreis - verpflichtet.

 

Angetrieben wird der zwei Kilogramm schwere und feingewuchtete Zinkgussteller mittels Riemen und 16-poligem Synchronmotor. Der wird direkt mit Netzstrom versorgt, ein spezielles Netzteil gibt es also nicht. Eine Feinregelung der Tellergeschwindigkeit sucht man allerdings auch vergeblich. Wie sich anhand einer Stroboskopscheibe feststellen lässt, dreht der Teller minimal schneller als die vorgeschriebenen 33,3 Umdrehungen pro Minute. Der Hersteller hat scheinbar die damals beim Abspielvorgang übliche Benutzung eines Mitlaufbesens in die Abstimmung des Antriebs mit einbezogen. Und solche Zusatzeinrichtungen wirken wie der Abtastvorgang selbst minimal abbremsend auf den Teller.
Nach dem Abschrauben der typischen aber nicht minder billig wirkenden Bodenplatte aus dünner Presspappe gibt es dennoch einiges an Elektronik zu entdecken. Dieser Aufwand dient jedoch einzig und alleine der automatischen Endabschaltung. Und nicht nur das. Die Elektronik erfasst die horizontale Bewegungsgeschwindigkeit des Tonarms, die in der Auslaufrille bekanntlich einen Beschleunigungsvorgang erfährt. Somit schaltet sich der Dreher auch ab, wenn der Tonarm beim Aufsetzen entgleiten sollte oder im Partygedränge ein Tanzwütiger den Spieler anstößt. Und Abschalten heißt im Falle des TD 145 zugleich auch das Anheben des Tonarms. Insofern eine durchaus sinnvolle Einrichtung für einen Gebrauchsspieler.


Simple Bedienung. Mann liest ohnehin keine Gebrauchsanweisung...

 

Schon seinerzeit wurde der TD 145 mit Testerlob bedacht, entsprechend groß geriet die Verbreitung des Spielers, der anno 1976 in der Grundausstattung immerhin 560 D-Mark gekostet hat. Im Basis-Set war das dänische Ortofon F 15 E-System montiert. Für 680 Mark gab es den TD 145 Mk.II mit dem etwas feiner auflösenden Ortofon VMS 20E.
Wer heute einen TD 145 Mk.II sucht, der wird meistens in den einschlägigen Internet-Seiten Ausschau halten. Auf der bekannten Auktionsplattform pendeln die Ersteigerungspreise für scheinbar gute, technisch und kosmetisch einwandfreie Spieler in der Gegend von 150 Euro. Unser Thorens lief uns eher zufällig auf dem letzten Gemeindeflohmarkt über den Weg. Das brachte zwei entscheidende Vorteile: Zum einen war der Preis deutlich niedriger als im Internet, zum anderen konnte der Spieler eingehend begutachtet und an der nächsten Steckdose gleich auf Funktion getestet werden. Der Riemen sah noch gut aus, war nicht rissig, und der Teller erreichte ruck zuck Solldrehzahl.


Typische Alterserscheinung: Mit feinen Kratzern übersäte Abdeckhaube. Mit Poliermitteln für Autoscheinwerfer bekommt man die Geschichte mit viel Fleiß wieder halbwegs ansehnlich aufgemöbelt. Linke Seite zeigt den Kaufzustand, rechte Seite nach der Politur.

 

Einziges Manko, wenn man es denn so nennen will, war das Fehlen der originalen Tellermatte aus Gummi. Stattdessen lag eine Zubehör-Matte aus technischem Filz auf. Als zeitgenössisches Zubehör ist dieses Extra allerdings fast schon wieder als Pluspunkt zu sehen.
Beim intensiven Test im Hörraum zeigte sich dennoch, dass bis zur perfekten Performance noch Handlungsbedarf bestand. Etwa beim Riemenantrieb, aus dessen Richtung nach kurzer Laufzeit ein dezentes Tickergeräusch zu hören war. Verursacht wurde das Tickern vom mehrteiligen Antriebspulley. Es ist für soften Tellerstart mit einer federbelasteten Drehmomentbegrenzung ausgestattet. Die entsprechenden Bauteile haben auf der dünnen Motorachse leichtes Spiel, was in Verbindung mit Antriebsresonanzen zu den Geräuschen führte. Ein auf der Achskontaktfläche aufgetragener Hauch aus dickflüssigem Silikonöl bewährte sich als zuverlässige Dämpfung im System. Generell sollte man sich zur Schonung des Antriebs angewöhnen, den Teller beim Start leicht anzuschubsen. Bis auf Direkttriebler gilt das für alle Plattenspieler.


Die Lager des Tonarms lassen sich mit viel Gefühl sehr genau einstellen. Spielfrei und maximal leichtgängig sollen die Lager arbeiten.

 

Die nächste Baustelle fand sich am Tonarmlager. Die Horizontalführung wies deutliches Spiel auf. Dank der klasse Konstruktion ließ sich das Spiel über die im Lagerjoch installierte Tellerschraube feinfühlig einregulieren. Die korrekte Einstellung ist erreicht, wenn kein Spiel mehr spürbar ist, der in Nulllage ausbalancierte Arm aber bereits durch leichtestes Anblasen bewegt werden kann.
Zu tun gab es auch an den versilberten Cinch-Steckern. Ein dunkelbrauner Korrosionsüberzug ließ wenig Gutes für den widerstandsarmen Signalfluss in Richtung Verstärker hoffen. Mit 1000er Schmirgelpapier wurden die Kontaktflächen blank gemacht. Bei dieser Aktion bitte die Innenseite der ringförmigen Massekontakte nicht vergessen. Überhaupt scheint das Signalkabel des Thorens ein guter Angriffspunkt fürs Feintuning. Denn zum einen konnten die klobigen Stecker nicht auf die Anschlüsse eines zeittypischen Revox-Verstärkers geschoben werden, zum anderen ist die Zuleitung mit 1,80 Metern recht lang. Der Kenner lötet sich also eine möglichst kurz gehaltene Zuleitung mit hochwertigen, neuen Steckerkontakten selbst ein.
Unser Spieler ist immer noch im Originalzustand - und er spielt inzwischen astrein. Während die ersten LPs zugefüttert wurden, bekam die abgenommene Abdeckhaube noch eine Auffrischung mit Lackpolitur spendiert (siehe Kasten). Jetzt sieht das gute Stück wieder fast aus wie neu. Diese Haube sollte man beim Plattenspielen beiseite stellen. Sie wirkt nur als übertragender Resonanzboden auf den Spieler. Nach Gebrauch wird die Haube als Staubschutz nur lose aufgelegt, dann spart man sich beim nächsten Hören das Herausfummeln aus den Scharnieren.


Die originalen Cinch-Stecker des TD 145. Edelbastler sollten sich überlegen, die komplette Tonarmverkabelung zu erneuern und Anschlussbuchsen direkt in den Spieler einzubauen.

 

Ausgestattet ist unser Thorens noch immer mit dem originalen Ortofon F 15 E, gemäß Auslieferungszustand. Die Nadel sieht aus wie neu, und das Klangergebnis ist, wie ich gerade so nebenher beim Abhören der nicht nur für Testzwecke immer wieder zu empfehlenden "Flute de Pan et Orgue" von Gheorghe Zamfir und Marcel Cellier feststelle, einfach nur mit einem Wort zu umschreiben: grandios.
Das mag auch an der restlichen Kette liegen, die es unter Oldtimer-Aspekten sprichwörtlich in sich hat. Auf das simple Ortofon-System folgt ein Selbstbau Phonoverstärker mit russischen 6H9C-Röhren. Danach geht es direkt in eine regelbare 300 B-Endstufe nach Ushida-Vorbild. Als Lautsprecher kommen für diesen Triodenverstärker eher untypische, aber passend modifizierte Braun L 450 zum Einsatz. Im normalen Wohnraum ist das Ergebnis ein ausgewogenes, farbstarkes und vor allem basstüchtiges Klangbild, das selbst die abgrundtiefen Register einer Kirchenorgel glaubhaft durch den Raum flummern lässt. Oder anders ausgedrückt, für summa summarum 2000 bis 3000 Euro Geldeinsatz bekommt man ein Klangerlebnis, dass aber auch vor gar nichts, das kürzlich auf der Analog-Messe in Krefeld präsentiert wurde, das Genick einziehen muss. Und in diese Betrachtung beziehe ausdrücklich die dort fantastisch aufspielende Audio Note-Anlage mit ein.


Clever gemachte Leichtbau-Headshell des TD 145. Der Isotrac-Arm ist in dieser Version auf geringe Masse getrimmt, ideal also für die typischen MM-Systeme der 70er Jahre mit geringen Auflagedrücken von 1,5 Gramm und weniger.

 

Zum Abschluss noch ein Tipp für alle Internet-Ersteigerer: Ob der Thorens TD 145 Mk.II wirklich noch in Schuss ist, lässt sich gut am Zustand des Plattentellers erkennen. Der überdrehte Tellerrand reagiert empfindlich auf aggressiven Handschweiß. Viel benutzte Spieler haben deshalb einen schmuddelig fleckigen Tellerrand. Wenn er so ausschaut, wie unser Fotomodell, dann können Sie getrost zuschlagen. Glänzt er dagegen verdächtig gleichmäßig hell, dann hat bereits jemand zum Aufhübschen mit Schmirgelpapier nachgeholfen.
Abschließend noch ein Wort zum unendlichen Thema „Plattenspieler-Tuning“. Auch der TD 145 Mk. II lässt sich – zumindest fürs Auge – verbessern. Und das Auge hört bekanntlich mit. Ansatzpunkt ist in jedem Fall die dürre Bodenplatte. An ihre Stelle kann man eine solide Platte aus Multiplex oder anderweitig inspirierend wirkenden Werkstoffen schrauben. Auch die aus billigem Presspan gefertigte und mit Dekorfolie verzierte Zarge bietet Potential. Eine solide Zarge aus schönem Naturholz lässt sich recht einfach zimmern und gibt dem Spieler garantiert eine noble Note. In jedem Fall wichtig sind astreine elektrische Kontakte. Schmirgelpapier mit 1000er oder noch feinerer Körnung ist die beste Kur. Aber dabei nicht zu exzessiv schruppen. Wenn es wieder blank schimmert, ist’s auch schon gut. Unbedingt empfehlen würde ich eine passgenau gekürzte Anschluss-Strippe mit einem Satz ordentlicher Stecker. Persönlich sind mir federnde Blechkonstruktionen lieber, als steife, aus Vollmaterial gedrehte Steckerkontakte.
Bleibt nur noch viel Erfolg bei der Suche zu wünschen. Und viel Spaß beim Thorens-Hören. Das Ding ist wirklich bodengut. Erst recht im Vergleich mit dem inzwischen kultisch verehrten Ur-Thorens vom Typ TD 124. Aber das ist ein ganz anderer Snack.

 


Macht Freude. Ein gut justierter TD 145 liefert auch heute noch Schallplattenverkostung auf begeisternd hohem Niveau.