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Eine Frage des Antriebs


Will man den Einfluss auch minimalster Restschwingungen des Antriebsmotors vom Spieleraufbau fernhalten, empfiehlt sich eine separierte Aufstellung der Motordose. Hier geschickt, weil in der Höhe einstellbar, mittels Fotostativ und darauf montierter Trägerplatte realisiert

Motorenschau: Unten in der Mitte der Gleichstrommotor von Premotec, rechts der Berger RDM 57, in der Teileablage ein zerlegter Berger RDM 57. Der Ringmagnet-Rotor und die Polschuhe der beiden Statoren sind gut zu erkennen

 

 

 Motordose selbst gemacht

 

Ein ruhig drehender Plattenteller und ein schlichter Einpunkt-Tonarm lassen sich im Bastelkeller noch mit recht überschaubarem Einsatz realisieren. Bei der Frage des Plattenteller-Antriebs setzt dann aber rasch Haareraufen ein.

 

 

 

Für ein Eigenbau-Projekt bietet sich eine separat aufgestellte Motordose an. Zum einen wird damit der Experimentiertrieb in Gestalt unterschiedlicher Antriebsriemen bedient, zum anderen ist die räumliche Trennung von Spieler und Antrieb in Hinblick auf die Nebengeräuscharmut der Abspielvorrichtung vorteilhaft.

 

Wer meint, dass er bereits im Besitz eines Spitzenklasse-Laufwerks ist, was das Selberschrauben betrifft, jedoch über zwei linke Hände verfügt, der kann an dieser Stelle auch Profis bemühen. Die Firma Klein etwa liefert erstklassige Komplettsysteme zum Antrieb von Plattentellern.

 

Meine Tipps richten sich - wie meistens - an bastelwütige Einsteiger wie experimentierfreudige Routiniers, welche - so oder so - die Kosten fürs Hobby im Zaum halten möchten.

 

Zwei Arten von Antriebsmotoren sind für den anvisierten Zweck gebräuchlich: Synchronmotoren (auch Schritt- oder Steppermotoren genannt) und Gleichspannungsmotoren. Beide haben Vor- und Nachteile.

 

 

 

SYNCHRONMOTOR:

+ Kommt im einfachsten Fall ohne spezielle Motorsteuerung aus, da die Netzfrequenz zugleich das Steuersignal für die exakt eingehaltene Drehzahl ist.

+ Als üblicher Schrittmotor günstig zu beschaffen.

- Läuft als üblicher Schrittmotor wegen starkem Polrucken für Plattenspielerbetrieb zu rauh und laut.

- Antriebpulley muss im Durchmesser exakt auf Tellerdurchmesser und verwendeten Riemen abgemessen sein.

- Braucht zur Drehzahlregelung eine aufwändige elektronische Steuerung mit Frequenzgenerator und Leistungsteil.

 

 

GLEICHSTROMMOTOR:

+ weicher Motorlauf, je nach Typ nahezu vollkommen frei von Polrucken.

+ einfache Drehzahlregelung per Spannungseinstellung.

- muss häufig nachreguliert werden, oder braucht aufwändige Motorsteuerungselektronik.

 

 

 

Für einen Praxisversuch wurde ein Synchronmotor von Berger/Lahr, Typ RDM 57, besorgt. Dieser Motortyp ist aktuell über Elektronikversender für ein paar Euro zu bekommen, also extrem preisgünstig. Für den Spitzenspieler TD 2001/3001 der Marke Thorens wurde dieser Motorbautyp seinerzeit auch verwendet.

 

Doch Vorsicht: Der Thorens-Motor hatte eine Spezifikation, die auf die Eignung als Plattenspielerantrieb zugeschnitten war. Dazu muss nicht einmal das Datenblatt gelesen werden. Es genügt, den Thorens/Berger-Motor am Pulley von Hand zu drehen. Es ist kaum ein Polrucken zu spüren. Tatsächlich läuft der Motor im TD 2001/3001 so geräuschlos, dass man mit einem zwischen Ohr und Motor geklemmten Holzstäbchen allenfalls zartes Lagersingen hört.

 

Der Billig-RDM 57 ist ein richtiger Schrittmotor (Steppermotor), der für seine zugedachte Aufgabe als Stellmotor mit wesentlich höheren Magnetkräften arbeitet. Er stammt aus alten Lagerbeständen, deshalb ist er so preiswert für Bastelzwecke zu haben. Mit einem simplen 12 Volt-Steckernetzteil und einem 20 uF-Kondensator als Phasenschieber betrieben, lässt sich auch mit diesem Motor ein Plattenspieler antreiben.

 

Der Motor braucht dann aber eine aufwändige Schwingentkoppelung, ansonsten übertragen sich die Motorvibrationen über die Stellfläche bis zum Abtastsystem. Alternativ bietet es sich an, den Motor separariert von der Plattenspielerstellfläche zu positionieren. Schließlich lässt sich der Antriebsriemen (fast) beliebig lang auslegen.

 

Um den im TD 2001/3001 kaum entkoppelt im Chassis montierten RDM 57 absolut laufruhig zu bekommen, hat man sich seinerzeit bei Thorens mit einem weiteren Trick beholfen. Entgegen der Annahme, eine Erhöhung der Steuerfrequenz würde auch den Lauf des Motors feiner, sprich geschmeidiger machen, ist exakt das Gegenteil richtig. Im Bereich zwischen 30 und 40 Hz Arbeitsfrequenz schnurrt der RDM 57 am ruhigsten. Mit einer regelbaren Frequenz lässt sich zudem die Drehzahl feinjustieren.

 

Um das Polruckeln des Billig-RDM 57 zu reduzieren, wurde der Motor aufgebohrt und zerlegt. Der Ringmagnet des Rotors wurde durch Erhitzen der Verklebung abgenommen. Durch separates Erhitzen des Magnetrotors auf 230 Grad wurde versucht, dessen Magnetkraft zu reduzieren.

 

Zudem wurden die Polschuhe der Wicklungen um einen Millimeter ausgedreht, um den Magnetspalt zu vergrößern und somit das Magnetrucken zu reduzieren. Ein irrwitzer Aufwand, der nur unter dem Aspekt "just for fun" zu sehen ist. Von Anfang an gleich einen passenden Synchronmotor mit geringem Ruckeln zu kaufen, ist fraglos die bessere Lösung.

 

Für das Experiment mit Gleichstrom wurde ein so genannter Glockenankermotor der Firma Premotec verwendet. Der läuft von Haus aus butterweich und braucht als 15 Volt-Type lediglich eine Ansteuerung mittels fein regulierbarem Netzteil. Der Durchmesser des Pulleys muss dann für eine exakte Tellerdrehzahl von stroboskopgenauen 33,3/min auch nicht auf mindestens 0,02 Millimeter genau stimmen.

 

Beim Synchronmotor mit fixer Netzfrequenz-Drehzahl spielt auch der verwendete Antriebsstring in Hinblick auf den Pulley-Durchmesser eine wichtige Rolle. Dünnes Stringmaterial erfordert (bei stets identischem Tellerdurchmesser) einen größeren Durchmesser am antreibenden Pulley, dickeres Material einen kleineren Pulley-Durchmesser. Hier heißt es dann mitunter, sich mit Hilfe diverser Durchmesser an das optimale Maß für eine genaue Tellerdrehzahl heranzutasten.

 

Für die Fertigung eines Maßpulleys ist zudem eine exakte Drehmaschine unabdingbar, am besten eine, die mittels Spannzangenaufnahme eine hohe Rundlaufgenauigkeit beim wiederholten ab- und einspannen des Pulleys bietet. So eine Drehmaschine kostet dann weit mehr als ein High End-Plattenspieler.

 

Und, ganz wichtig, die Riemenfrage. Und, ja, es macht einen hör-, oder besser gesagt, erlebbaren Unterschied, welches Medium in welcher Ausführung die Motorkraft auf den Plattenteller überträgt. Infrage kommen als Antriebsmedium Nylonfäden (Anglerschnur), Gummiriemen (flach oder rund), Tonbänder und auch feine Schnur aus Baumwolle oder Kunstfaser.  Gummirundriemen lassen sich einfach aus Gummidichtschnur herstellen. Dazu die exakt geschnittenen Stoßstellen mit Sekundenkleber exakt zusammengefügen. Am besten mit einem Führungswerkzeug aus Teflon. Daran pappt der Sekundenkleber nicht fest. Damit lassen sich quasi alle Riemen-Wunschdurchmesser realisieren. Gute Erfahrung habe ich mit 2 mm starker, runder Gummidichtungsschnur gemacht, und ein doppelter Riemen klang "besser" als ein einfacher Riemen. Erklären lässt sich das mit verbesserter Schwingungskompensation/Dämpfung durch den verdoppelten Antriebsriemen. An dieser Stelle lohnen also Experimente, besonders wenn es um bereits bestehende Spieler geht, die antriebsseitig aufgerüstet werden sollen.

 

 

 


Berger RDM 57 eingebaut in eine schwere Dose aus Edelstahl. Der Motor ist durch O-Ringe von der Dose entkoppelt verschraubt. Zudem ist unter den Holzfüßen der Dose ein schwingungsdämpfender Mix aus weichem Antirutsch-Kunststoff und Filz montiert. Auch auf gleicher Stellfläche findet somit keine Übertragung des Motorbrumms auf den Abtastvorgang statt. Übertragung der Motordrehzahl auf den Teller mittels zweier Gummiriemen mit je 2,0 Millimeter Durchmesser. Das Ergebnis stellt im Vergleich mit renommierten Serien-Plattenspielern mehr als zufrieden.