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Braun PS 500 – Der Dauerläufer

 

Mit elegant reduziertem Erscheinungsbild, technisch aufwändiger Machart und einer guten Beurteilung durch Stiftung Warentest, brachte es der heutige Kult-Plattenspieler in den siebziger Jahren zu beachtlichem Verkaufserfolg. Das macht ihn auf dem Gebrauchtmarkt noch immer zum attraktiven und vor allem häufig anzutreffenden Angebot

 


Braun PS 500, nüchtern sachliche Gestaltung und ein echter Vollmetall-Spieler - mit ölgedämpftem Chassis. Verkaufsschlager in den 70er Jahren, mit echten Langlauf-Quitäten

 

 

Gute 44000 Stück wurden vom PS 500 zwischen 1968 und 1976 hergestellt. Das hört sich beachtlich an, entspricht aber im genannten Zeitraum einer Tagesproduktion von gerade einmal 22 Exemplaren. Von Massenproduktion kann also keine Rede sein, eher von strukturiertem Manufakturbetrieb. Von daher erklären sich auch die für die Entstehungszeit stattlichen Verkaufspreise. Dafür gab es auch handfestes Material. Viele PS 500 erwiesen sich als echte Dauerläufer und kommen auch nach 50 Jahren nach wie vor ihrer zugedachten Aufgabe nach. So auch unser – inzwischen im Detail modifiziertes – Exemplar.

Bei Erscheinen gehörte der PS 500 mit 795 D-Mark zu den eher kostspieligen Angeboten im HiFi-Handel. Zum Produktionsende hin gab es den Spieler dann aber zum Straßenpreis von rund 500 D-Mark. Zwei Farbvarianten sind im Umlauf. Beiden gemein ist der mit fein strukturiertem Kräusellack gearbeitete Korpus. Die Oberplatte samt Tonarmlager und Geschwindigkeitsstellknopf ist in silbernem Lack sowie in seidenschwarzem Look anzutreffen, jeweils passend zum Restprogramm der Braun-Geräteserien.

Eine Sonderstellung nimmt das Modell PSQ 500 ein. Er sieht identisch aus, wurde aber für die in den Siebzigern gehypten Quadrofonie-Schallplatten mit einem hoch auflösenden Audio Technika-System und kapazitätsarmer Tonarmverkabelung ausgeliefert. Interessant ist das Gerät nur für auf absolute Originalität abfahrende Sammler von Quadro-Schallplatten, die sie in Verbindung mit einer zeittypischen Braun-Anlage abspielen möchten. Die dürfen dann auch den Sammler-Mehrpreis bezahlen. Allen anderen sei der „normale“ PS 500 ans analoge Herz gelegt.

Der ist vor allem eines: voll aus Metall. Kein falsches Nussbaum-Dekor, kein mit Chromglanz getarntes Plastik, keine wabbeliger Pressspan als Bodenplatte, wie bei den gerne in den Vinyl-Himmel gehobenen Thorens-Modellen.

Auch im Inneren des Braun-Spielers findet sich kein im Schnellverfahren abgekantetes Stück Blech, das in Verbindung mit ein paar schlichten Federn zum „Subchassis“ erklärt wird. Stattdessen haben sich die Braun-Techniker damals ein recht komplexes Gebilde aus Zinkspritzguss einfallen lassen. Besonderer Clou ist die hydraulische Dämpfung des Subchassis. Bei unserem Testmodell ist diese Dämpfung auch nach über 45 Jahren noch völlig intakt.

Auch der – feingewuchtete – Plattenteller ist aus Zinkguss, was ihm trotz geringer Dicke zu beachtlicher Masse verhilft. Zusätzlich ist in den feingewuchteten Teller ein Gummiring zur Klingeldämpfung eingearbeitet. Vergleichen Sie nur die genannten Features mit dem technischen Aufwand heutiger, so genannten „High End-Plattenspieler“ und sie wissen, dass die rund 250 Euro, die aktuell für sehr schöne PS 500 gefordert werden, sehr günstig angelegtes Geld sind.

 


Nicht die reine Lehre. Wie der Thorens TD 124, ist auch der Braun PS 500 mit einem aus Reibrad und Riemen kombinierten Antrieb versehen. Bei diesem PS 500 im Schiller-Phono-Trimm wurde der Antrieb mit einem breiteren Reibrad versehen, dessen Lagerabstand zudem stark vergrößert wurde.

 

Angetrieben wird der PS 500-Plattenteller über einen in Gummi gelagerten Synchronmotor mit Stufenwelle. Diese Stufenwelle erlaubt vier Tellerdrehzahlen: 16, 33, 45 und 78 Umdrehungen pro Minute. Mit dem PS 500 lassen sich also auch noch alte Schellack-Platten abspielen. Die 16er Drehzahl spielt heute keine Rolle mehr. Damals war sie für spezielle Schulungs-Schallplatten gedacht, auf denen viel Programmmaterial bei untergeordneter Klangqualität verarbeitet werden musste, etwa für Sprachkurse.

Die Übertragung der Motordrehzahl auf den Plattenteller geschieht mit der Kombination von Reibrad- und Riementrieb. Mit der Höhenpositionierung des Reibrads wird die Drehzahl gewählt. Das Reibrad wiederum treibt eine konische Walze an, an deren oberem Ende das Pulley für den Antriebriemen eingearbeitet ist. Durch Höhenverschieben der Konuswalze vergrößert oder verkleinert sich der wirksame Durchmesser und damit auch die Drehzahl. Auf diese Weise wird die Tellergeschwindigkeit des PS 500 feinreguliert.

An klassische Ortofon-Muster aus den fünfziger Jahren erinnert der j-förmig gebogene Tonarm des Spielers. Der Tonkopf wird über eine Schnellkupplung gemäß SME-Standard angeschlossen. Es lassen sich also auch andere Headshells als das elegante Braun-Muster andocken. Besonderheit sind die drei Tonarmgewichte. Damit lässt sich der Tonarm in allen drei Ebenen ausbalancieren. Weil die Auflagekraft mittels Feder eingestellt wird, wäre der PS 500 also auch in der Lage in hochkant gestellter Position Platten abzuspielen. Was eher eine theoretische Überlegung ist, vielmehr wollte der Hersteller durch diesen technischen Aufwand die Hochwertigkeit der Konstruktion darstellen. Deshalb gibt es selbstverständlich auch eine per Zugfeder einzustellende Antiskating-Vorrichtung und einen hydraulisch gedämpften Tonarmlift. Was indes fehlt, ist eine praktikable Höheneinstellung des Tonarms. Die ist zwar – in geringem Maße möglich – dazu muss allerdings die Bodenplatte abgenommen und umständlich geschraubt werden. Sinnvoll ist diese Möglichkeit, wenn etwa ein Systemwechsel ansteht, und das neue Bauteil deutlich höher baut als das zumeist im Serienspieler anzutreffende Shure M75. Der Tonarm selbst darf der mittelschweren Sorte zugerechnet werden, er verträgt sich also mit einer Vielzahl der heute erhältlichen Tonabnehmersysteme. Wer die Budget-Nummer reiten möchte, der nimmt heute ein Audio Technika AT 91 oder AT 95, soll es mehr sein, findet beim gleichen Hersteller eine Preisetage höher noch feiner auflösende Abnehmer. Generell hat ein gut eingestellter PS 500 durchaus das Zeug, auch sehr teure Edelsysteme adäquat darzustellen.

Womit wir bei einem entscheidenden Punkt angelangt wären. Denn es gibt zwei Arten von Braun PS 500: Die einen verfügen über einen relativ laufruhigen Reibradantrieb, die anderen machen deutlich hörbare Geräusche. Einzig allein verantwortlich ist tatsächlich nur das jeweilige Reibrad. Denn der Antriebsmotor tourt trotz seiner gewaltigen Ausmaße unauffällig, und der Riemen-Tellerantrieb ist mit seinen präzisen, hochglanzpolierten und zudem recht dünnen Lagerachsen hervorragend laufruhig – und langlebig.

Typisch für den PS 500-Antrieb ist auch der im Umdrehungstakt leicht pulsierende Teller, gut zu erkennen an der schwingenden Stroboskopanzeige. Hier wird allerdings keine Gleichlaufstörung visualisiert, sondern lediglich das nicht exakt aufgebrachte Stroboskobfeld an der Tellerunterseite.

 


Der Tonarm des PS 500 folgt klassischen Mustern der Marke Ortofon. Mit drei Gewichten ist er in allen Ebenen ausbalancierbar. Die Auflagekraft wird nach dem Ausbalancieren des Arms mittels Federkraft eingestellt. Theoretisch könnte der PS 500 die Platten auch hochkant gestellt abspielen. Eine Antiskating-Einrichtung gibt es auch, sie arbeitet über eine schwache Zugfeder. Das Einstellrad befindet sich neben dem Tonarmsockel.

 

Unseren Test-PS 500 haben wir etwas "gepimpt". Etwa mit einem breiteren Zweizoll-Reibrad englischer Herkunft und schön klebriger Lauffläche. Dazu kam eine neue und direkt an Cinchbuchsen geführte Tonarmverkabelung und als Krönung noch ein eigens angefertigter 12 Zoll-Tonarm im Stil des Original-Tonarms. Diese Maßnahmen zeigen im Ergebnis vor allem eines: Der Braun PS 500 kann mit entsprechender und durchaus im Aufwand noch vertretbarer Verfeinerung höchste Erwartungen an einen Plattenspieler erfüllen.

Weil wir’s wissen wollten, ließen wir unseren voll ausgebauten PS 500 schließlich gegen einen gleichfalls fein getrimmten Thorens TD 2001 (auf Roksan Tripod) samt Van den Hul-System antreten. Diese Kombi gefiel zwar mit sattem Bass und enormer Transparenz, brachte aber gegen den 12 Zoll PS 500-Arm in Verbindung mit dem Raumnadel-B&O SP6 keinen Fuß mehr auf den Boden.

Überdeutlich wurde das bei der musikalisch wie produktionstechnisch herausragenden Einspielung von Carmen McRae und dem Dave Brubeck-Quartett (Live at Basin Street, Columbia, USA) von 1961. Mit dem Thorens wurde schönes HiFi geboten, mit dem Braun-Setup saß man dagegen in der dritten Reihe und lauschte verzückt der wundervoll intonierenden und phrasierenden Carmen McRae, in deren fantastische Altstimme sich immer auch ein zarter Hauch von entfernt wummernder Kreissäge metallisch einzumischen scheint.

In solchen Momenten begreift man, welch wundervolles Geschenk einem mit diesen in Vinyl gepressten, analogen Schätzen gemacht wird. Man muss diese Schätze nur bergen (in diesem Fall war es ein Bücherantiquariat), und auf den treffsicher arrangierten Plattenspieler legen.

 

FAZIT: Ein sauber justierter und technisch einwandfreier Serien-PS 500 ist bereits ein guter, nach wie vor vollumfänglich gebrauchstüchtiger Plattenspieler. Mit durchaus überschaubaren technischen Verfeinerungen lässt sich indes eine überraschend steil aufsteigende Vintage-Rakete zünden. So oder so: Mit dieser hochwertigen Basis lässt sich etwas anfangen.

 

 


Braun PS 500 mit abmontierter Haube. Macht den Spieler in Hinblick auf übertragenem Körperschall weniger anfällig, und erlaubt zudem Experimente mit separat aufgestellten Zweittonarmen.

 

 

BRAUN PS 500 – TIPPS UND TRICKS

 

Plattenteller dreht beim Einschalten nicht.

Ursache: Zugseil des Reibrades ist durchgescheuert/gerissen.

Abhilfe: Zugseil verknoten oder erneuern und Durchhang so einstellen, dass Anpressfeder bei 16/min genügend Druck für einwandfreien Antrieb bereitstellt.

 

Automatische Endabschaltung funktioniert nicht:

Ursache: Typischer PS 500-Mangel. Das entsprechende Kunststoffelement unter dem Subteller ist ausgebrochen.

Abhilfe: Bruchteile entfernen und einfach so lassen.

 

Plattenteller läuft schief und setzt auf dem Gehäuse auf:

Ursache: Aufhängungsfedern erlahmt oder Aufhängung verstellt.

Abhilfe: Aufhängung neu justieren. Eventuell Federn aus defektem Schlacht-Spieler (gibt es kaum) übernehmen.

 

Tonarm-Drehachse steht zur Plattentellerachse schief:

Ursache: Transport- oder Benutzerschaden. Tonarmlager am Subchassis ist relativ fragil und kann verbiegen.

Abhilfe: So lassen oder bei ausgebautem Tonarm Richtversuch wagen. Idealer Weise bei komplett ausgebautem Chassis unter Einsatz von gezielter Erwärmung. Risikoärmer ist die mechanische Bearbeitung des Tonarm-Anschraubpunktes. Noch besser gleich der Umbau auf eine von außen zugängliche Höheneinstellung. Allerdings ein Projekt für den ambitionierten und versierten Hobby-Mechanikus.

 

Ein Stereokanal ist tot:

Ursache: Kontaktproblem in der SME-Kupplung oder im Stummschaltelement unterhalb des Plattentellerlagers. Eventuell Kabelbruch im Tonarm.

Abhilfe: Durchgänge kontrollieren und Tonarm neu verkabeln. Kabel dann direkt auf Anschlüsse (Cinch oder DIN) legen.

 

Teller-Drehzahl leiert:

Ursache: Reibradvorspannung zu schwach. Öl oder Fett auf Reibrad, Antriebsspindel oder Konuswelle. Riemen defekt.

Abhilfe: Spannfeder kontrollieren und gegebenenfalls justieren. Antriebsteile mit Bremsenreiniger oder Feuerzeugbenzin säubern. Dabei Latexhandschuhe und Schutzbrille tragen.

 

Nadel überspringt beim Abspielen die Rille:

Ursache: Nadel schadhaft. Antiskatingkraft zu gering. Tonarmverkabelung verspannt.

Abhilfe: Entsprechend kontrollieren und einstellen.

 

 

BRAUN PS 500 – TUNINGPROGRAMM

 

Für den Braun-Klassiker empfiehlt Schiller Phono ein dreistufiges Tuning- und Fitness-Programm:

 

Basistuning:

Bodenplatte entfernen.

Alle Antriebsteile (Stufenwelle, Reibradfläche, Konus, Subteller, Pulley) penibel mit Bremsenreiniger säubern.

Motorlager, Tellerlager, Konuswelle und Reibradlager mit (möglichst wenig) Trix-Modellbahnöl schmieren. Zum Dosieren der Schmiermenge einen dünnen Draht oder eine dicke Nähnadel verwenden.

Gesäuberte Antriebsteile absolut öl- und fettfrei mit neuen Latex-Handschuhen zusammenbauen.

SME-Kontaktstifte in Headshell und Tonarm mit feinem Glasfaserpinsel behutsam reinigen.

Tellermatte mit glatter Seite nach oben auflegen.

Plexihaube beim Abspielen entfernen. Nur als Staubschutz lose auflegen.

 

Experten-Tuning:

Wie zuvor, plus Tonarm neu verkabeln und direkt nach außen an Stecker oder zusätzlich angebrachte Cinchbuchsen führen. Kabel und Befestigungen können durch die Belüftungsschlitze geführt werden. Somit ist keim Bohren am Seriengehäuse erforderlich.

Hochwertiges oder sinnvoll getuntes Tonabnehmersystem einbauen.

 

Profi-Tuning:

Wie zuvor, plus Reibradlagerung komplett modifizieren. Die Lagerung ist maximal zu verbreitern. 16 Millimeter Lagerbreite statt serienmäßig 6,5 Millimeter sind problemlos möglich.

Fliegend neben dem Spieler einen 12 Zoll-Tonarm (wie oben beschrieben) aufstellen. Tonarm und Spieler auf getrennten Basen für optimale Entkoppelung platzieren. Systemfrage bis ans persönliche Limit ausreizen. Hoffen, dass die restliche Anlage noch mithalten kann.