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HiFi-Punk - im Hinterhof gibt's geilen Sound

 

Schrott tönt flott

 

In dieser Rubrik finden Sie HiFi jenseits des luxuriös aufgetakelten Hochglanz-Mainstream. Individualität und lustvolles Ausprobieren sind Trumpf. Motto: Es gibt hervorragenden Musikgenuss auch ohne Zentimeter dicke, aus dem Vollen gefräste Chromglanz-Gehäusefronten und klaviergelackte Monumentalbauten. Einfach mal das vorhandene Material zusammenstecken, einfach mal ausprobieren und unvoreingenommen 'reinhören. Mitunter ergeben sich zwischen uralten und flammneuen Komponenten erstaunliche synergetische Effekte. Manchmal allerdings kann auch eine vermeintliche Spitzenkomponente regelrecht klanglich versumpfen. Wichtig ist vor allem eines: Die spannende Freude beim Musikhören und Vinylsurfen.


Wieder etwas aus der Ready-Made-Ecke: Pappröhren, Trix-Montagescheiben, Fahrradspeichen und Holzdübel ergeben zwei handliche PC-Lautsprecher, die dank Fostex 103-Breitbandtreiber recht ordentlich tönen. Die Röhren haben einen Außendurchmesser von 105 mm, innen 100 mm, Höhe 565 mm, das entspricht rund 4,5 Liter Volumen. Gefüllt mit 70 Gramm Schafwolle, Reflexrohr im Bodenteil 38 mm Innendurchmesser, 75 mm Länge. Verkabelung mit Solidcore-Klingeldraht.

In sich verspannte und verstrebte Konstruktionen haben stets das gewisse Etwas. Für einen vergleichbaren Aufbau kann ich auch den 130er Breitbänder von Isophon empfehlen, den es leider nicht mehr neu zu kaufen gibt.

Reflexrohr ebenfalls aus Pappe, Verkabelung direkt durch das Rohr herausgeführt. Schöner und aufwändiger machen ist immer eine Option, aber auch dieser Art einfach gestrickt, ist das Hörergebnis bereits überzeugend. Tiefbass gibt es naturgemäß freilich keinen.

Noch ein Lautsprecher, der etwas neben der üblichen Spur angesiedelt ist. Diesmal aus dem Lager der rigoros aufgebauten Schallwandkonstrukte. Allerdings mit dem Ziel, eine federleichte, mit einem Finger tragbare Einheit auf die drei Fußpunkte zu stellen. Erreicht wurde das mit einer 80 x 130 cm großen Schallwand, die lediglich aus 4 mm dickem Birkensperrholz besteht. Die nötige Stabilität wird durch eine leicht gebogene und mitttels Drahtseil gespannte Schallwand erzielt. Damit komme ich meinen Faible für in sich verspannte und verstrebte Konstruktionen nach, das sich ja auch im Raumnadelkonzept widerspiegelt. Als Treiber kommt der bekannte 250er Breitbänder von Cirare zum Einsatz. Ohne Sperrkreis gibt's direkt und ohne Umschweife vom Verstärker auf die Ohren.

In der Seitenlinie ist der grundsätzliche Aufbau gut zu erkennen. Die dickeren Holzteile, wie etwa der hintere Stellfuß, sind aus 12 mm Multiplex gefertigt. Stützstreben sind aus Bambusholz, welche ehedem als Essstäbchen gedacht waren. Zum Transport lässt sich das Ganze auch noch wunderbar schnell und flach zerlegen.

Mit insgesamt acht Maschinenschrauben in M5 lässt sich der 250er Cirare-Breitbänder mehr als solide mit dem dünnen Schallwandholz zusammennähen. Große Messingunterlagscheiben bewerkstelligen genügend Flächendruck.

Zur Stabilisierung der Wand sind unten und oben Bogensegmente aus 12er Multiplexholz eingeleimt. Auf dem unteren Segment sitzt das Anschlussterminal für das Lautsprecherkabel, ausgeführt mit üblichen Buchsen für 4er Bananenstecker.

Etwa auf Lautsprecherhöhe (Montage-Mittelpunkt des Chassis 50 cm von oben) wird die Schallwand mittels Drahtseil unter Spannung gehalten. Zugleich fixiert das Seil den hinteren Standfuß und bringt zudem über den Magnet-Motor stabilisierendnen Druck auf das Ciare-Chassis. Konzeptbedingt ist so ein Lautsprecher kein Tiefbasswunder, aber die anspringende Direktheit des Systems ist bestens für Kammermusik oder Jazzaufnahmen geeignet. Am besten in Verbindung mit einem Kleinleistungs-Röhrenverstärker. Auch mit einem simplen T-Amp für 30 Euro läuft diese Schallwand bereits zu großen Klangerlebnissen auf.

Dieses schöne Leichtmetallgehäuse verstaubte bereits ein paar Jahre im Regal. Ursprünglich gehörte es zu einer stationären Videokamera aus Panasonic-Produktion. Jetzt schlummert darin eine kompakte Endstufe mit den beliebten LM 3886-Verstärker-ICs. Kürzere Singnalwege lassen sich schwerlich in einer Endstufe realisieren. Die beiden ICs kosten schon alleine um die 12 Euro, deshalb habe ich gleich eine komplett bestückte Platine "made in China" bestellt. Kostenpunkt 30 Euro. Die Erwartungen waren nicht hoch, wurden aber vom Endergebnis bei Weitem übertroffen. Für wirkungsgradstarke Lautsprecher ist das Verstärkermodul eine dicke Empfehlung. In Verbindung mit einer hochwertigen Vorstufe und Quelle gelingt dem Gerät die seltene Kunst, Musik in feinen Schattierungen fließen zu lassen, und zugleich die einzelnen Instrumente klar fokusier- und verfolgbar wiederzugeben. "Schwierige" Musik wird oft nur dank solcher Verstärker über die Audioanlage genießbar.

Das ist die komplette LM 3886-Endstufe. Zwei Ringkerne mit je 160VA übernehmen die Spannungsversorgung. Die ICs sind zur Wärmeableitung auf eine Kupferschiene montiert, die wiederum über Kühlkörper mit dem Gehäuse verschraubt wurde. Im Betrieb wird der Verstärker bei Zimmerlautstärke nur zart handwarm. Zusätzlich zu den üblichen Cinch-Buchsen gibt es noch einen Neutrik-Fünfpolanschluss. Im Test lief die Endstufe mit einer Aloia Da Capo-Röhrenvorstufe zum reinsten Vergnügen. Wieder einmal ein Beweis, dass für hohe Wiedergabegüte keine Unsummen ausgegeben werden müssen. Die Gesamtkosten für die LM 3886-Endstufe beliefen sich auf rund 80 Euro. Hört sich wenig an, aber nach üblicher Kalkulation würde so ein Gerät (plus Gehäusekosten) im Laden dann um die 1500 Euro kosten.

Der ursprüngliche Flansch für die Kamerabefestigung wurde mit einer passenden Aluplatte verschlossen. Die nimmt nun die Neutrik-Fünfpolbuchse auf. Lautsprecheranschlüsse über versenkte Buchsen für übliche und bewährte Bananenstecker. Noch eine kleine Anmerkung: Verstärker mit LM 3886-ICs klingen für Leute mit von Röhren verwöhnten Ohren nach direktem Umstieg zunächst leicht "metallisch". Deshalb am besten mit einer rund klingenden Röhrenvorstufe kombinieren.

Garrard 401 einmal anders. In Kistenzarge mit babyblauem Oberdeck und Eiche-Vollholzriegel als Tonarmaufnahme. Für die "schwebende" Einbaulage der Holzplatte ist eine dünne Korkunterlage mit "Schattenfuge" unter dem Brett positioniert. Sie dient zugleich als Dämpfung für das Deck. Im Leichtbau-Zwölfzöller (auf Thorens TP 16-Basis) mit Carbon-Tonarmrohr leistet das gut abgehangene Audio Technica AT 20 SLa überzeugende Dienste. Zur Innenverkabelung des Arms kommt HF-Litze aus "DDR-Produktion" zum Einsatz. Und, man höre, auch das funktioniert.

Garrard 401 "Oak Brick" in ganzer Pracht. Das leicht angegriffene Holzgehäuse wurde mit Schellack wieder aufpoliert. Kugelköpfe mit Kontermuttern garantieren sicheren Stand. Die Tellermatte aus Kork gibt es als 30 Zentimeter große Ronde im Bastelshop für ein paar Euro. Das passgenaue Loch in der Mitte bekommt man mit einer alten Chris de Burgh-Platte als Bohrschablohne ohne Probleme - aber mit einem 7 Millimeter-Bohrer - gebacken. Der komfortable Tonarmlift des TP 16-Arms wurde passgenau in das Gehäuse adaptiert. Für die Liftstange war eine kleine Verlängerung erforderlich.

Gewinnspiel: Wer mir als Erster sagt, für welchen Zweck das Tonarm-Ablagebänkchen ursprünglich vorgesehen war, bekommt von mir ein Raumnadel-AT 95 geschenkt. 

Steam Punk. Dieses Röhrenverstärkerchen stammt aus dem Goldstrom-Atelier.

Tonarmdetail des bemerkenswerten Fern&Roby-Plattenspielers mit Graugußzarge. Mehr davon weiter unten (Foto: Fern&Roby, www.fernandroby.com))

Braun CV 11 Endstufe im Fundzustand. Die ausgeschmolzenen Kondensatoren haben unübersehbar ihre Zeit hinter sich. Auch sonst ist erst einmal Großeinsatz für Staubsauger und Putzpinsel angesagt. Manche Elektroschrauber stellen so ein Teil einfach in die Dusche und geben Kommando "Wasser Marsch". Anschließend mit Pressluft trocken blasen. Funktioniert tatsächlich.

Braun CV 11 nach dem Duschbad und mit neuen Kondensatoren versehen. Die modernen Folienkondensatoren sind zwar stilistisch nicht korrekt, funktionieren aber ausgezeichnet - und soo schlecht sehen sie auch wieder nicht aus. Ganz wichtig: Diese EL 84-Endstufe kann sich auch heute noch sehr gut hören lassen, besonders in Verbindung mit wirkungsgradstarken Lautsprechern.

Multiplex-Holz, ein Werkstoff, der wortwörtlich in allen HiFi-Lagen anzutreffen ist. Ideal zum Bau von Gehäusen, Zargen und Ständern. In einem Farbton gebeizt, und mit Schellack poliert, ist die Oberflächenwirkung durchaus eine Angelegenheit für Edel-HiFi-Punks.

Die Gitarre und das Meer. Freddy trifft auf Eigenbau-Tonarm mit schwerer Messingaufnahme,
Küchenplatte aus Buchenholz und 60er Jahre-Plattendreher vom Typ Telefunken 210
(baugleich mit PE 34). Gebaut  hat das HiFi-Freund "Hahnenwall"

Frickelkunst. Wenn alles noch einmal in Schön in ein richtig feines Gehäuse eingebaut wird, klingt's meistens nicht mehr so gut

Stillleben mit Thorens TD 135, dem kleinen Bruder des TD 124

Immer wieder gerne genommen: Lack-Tischchen
als Plattenspielerablage aus dem bekannten
schwedischen Einrichtungshaus

Offen und gefährlich. Basteln mit Röhren empfiehlt sich nur für Leute mit dem nötigen Respekt vor Hochspannung

Im Schein der Röhren. So schön kann ein glühender Heizfaden sein

Nochmal ein Telefunken 210, diesmal auf simpler Zarge aus Multiplex-Schichtholz, aber mit einem allerfeinsten Tonarm der legendären japanischen Marke Fidelity-Research. Der Telefunken/PE-Spieler wird gerne für derartige Understatement-Projekte hergenommen. Die Klangergebnisse sprechen (tönen) für sich

Der Düsseldorfer Jörg Lassahn baut unter dem schönen Namen "Goldstrom" archaisch anmutende Audio-Gerätschaften. Röhrenverstärker sind da unumgänglich

Kleinleistungs-Röhrenverstärker aus dem Hause Goldstrom. Für alle, die keine vergoldeten Frontplatten mögen

Die passenden Lautsprecher gibt's zum Goldstrom-Verstärker selbstverständlich auch noch

Auch ein Goldstrom-Gerät. Macht aber keine Musik, sondern schönes Licht. Passt gut zum Glimmen der Röhren

Hervorragendes Stück aus der Rubrik "Edel-Punk". Fern&Roby heißt die amerikanische Firma, die ein Faible für Einrichtungsgegenstände aus Grauguß und Holz hat. Neben Möbeln findet sich eine komplette Audio-Range mit Lautsprechern, Verstärker und einem wunderbaren Plattenspieler. Unbedingt selber nachsehen unter www.fernandroby.com

Grauguß ist ein idealer Werkstoff für eine Plattenspieler-Basis. Hohe innere Dämpfung trifft auf stattliche Masse. Plattenteller aus Bronzeguß, inklusive dekorativer Lufteinschlüsse und Schwundrisse

Detail des Fern&Roby-Plattenspielers. Geschwindigkeit-Wählschalter mit Firmenlogo (Fotos: Fern&Roby)